Chronik

Plakatwahlkampf der rechtsextremen AfD im Wahlkreis 70

Landkreis Wittenberg/Dessau-Roßlau (Wahlkreis 70)

Im Wahlkreis „Anhalt-Dessau-Wittenberg“ hat die vom hiesigen Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextreme Bestrebung“ eingestufte Alternative für Deutschland (AfD) ihren Plakatwahlkampf für die am 23. Februar 2025 stattfindende Bundestagswahl intensiviert. Dieser Wahlkreis besteht demnach aus der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau, dem gesamten Landkreis Wittenberg, sowie den vier Kommunen Bitterfeld-Wolfen, Muldestausee, Zerbst/Anhalt und Raguhn-Jeßnitz im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Quantitativ dominiert von den Motiven her ganz klar die „Zeit für…“-Plakatreihe, die die AfD extra für die Bundestagswahl kreiert hat. Slogans wie „Zeit für Alice Weidel“, „Zeit, dass sich Arbeit wieder lohnt“, „Zeit für ein Land, das Heimat bleibt“, „Zeit für bezahlbare Energie“, „Zeit für Deutschland“, „Zeit für Frieden“, „Zeit für sichere Grenzen“, „Zeit für unseren Mittelstand“, „Zeit, wieder stolz zu sein“ und „Zeit, Illegale abzuschieben“ sind praktischer Ausdruck dieser Wahlkampfstrategie. Dabei ist dieses thematische Agenda Setting für AfD-Verhältnisse fast schon moderat, wenn gleich natürlich immer noch mit einzelnen Aussagen und vor allem im Subtext an ressentimentgeladene Diskurse um Flucht und Migration, Russlands Krieg in der Ukraine oder die hohen Energiepreise angedockt wird. Die AfD-Kernwählerschaft hat aus taktischen Gründen sicherlich Verständnis dafür, folgt doch diese Logik dem Prinzip der Selbstverharmlosung mit dem die AfD versucht, sich als normale Partei im politischen Wettstreit zu inszenieren.
Etwas aggressiver kommen indes die Plakatmotive daher, die genauso schon zur letzten Kommunalwahl am 09. Juni 2024 (mehr dazu hier…) in der Region zum Einsatz kamen. Plakate mit Aufschriften wie „Ärztemangel bekämpfen“, „Sozialbetrug stoppen!“, „Grenzen schützen ist normal“, „Deutschland, aber normal“, „Geben Sie doch mal wieder Deutschland Ihre Stimme“, „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, „Polizei stärken – Bürger schützen!“ oder „Unsere Regeln. Unser Land.“ gehören in diese Reihung und bedienen einen Großteil des Potpourris rechtsextremer Identitätspolitik. Im Wahlkreisvergleich zwischen „Anhalt-Dessau-Wittenberg“ und dem benachbarten Wahlkreis 73 (Mansfeld) ist jedoch rein quantitativ festzustellen (mehr dazu hier…), dass diese Slogans hier deutlich in der Minderheit waren – allein in der Kleinstadt Aken (WK 73) wurden deutlich mehr identitätspolitische Aussagen mit einem aggressiveren Grundsound festgestellt, als im gesamten WK 70.

Und wie in einem Bundestagswahlkampf nicht anders zu erwarten, spielte die personifizierte Wahlwerbung für den AfD-Direktkandidaten eine tragende Rolle. Im Wahlkreis 70 hat sich demnach der AfD-Mann Volker Scheurell aus Wittenberg auf einem Nominierungsparteitag gegen Andreas Mrosek aus Dessau-Roßlau (mehr dazu hier…) durchgesetzt. Scheurell warb auf klassischen Laternenplakaten im Format A1 mit seinem Konterfei ebenso, wie mit Großplakaten- und Bannern. Bei Letzteren wies er unter Angaben des Datums, der Uhrzeit und des Veranstaltungsortes daraufhin, wo er demnächst auf Wahlkampfveranstaltungen in geschlossenen Räumen zu sehen und zu hören ist – wo eine Folge des Winterwahlkampfes.  

Lokal- und regionalspezifische Themen spielten erwartungsgemäß im AfD-Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle. Einzig in Wolfen wurde an einer Bahnstrecke ein Großbanner mit der Aufschrift „Goitzsche-Mafia stoppen – CDU abwählen!“ festgestellt. Das ist wohl vom letzten Kommunalwahlkampf im Juni 2024 hängengeblieben.

Der AfD-Landesverband Sachsen-Anhalt wird vom hiesigen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextreme Bestrebung“ eingestuft.

 Fotos: Projekt GegenPart am 27.01. und 03.02.2025 im Wahlkreis 70
Quelle: eigener Bericht