
Rechtsextreme Propagandaserie im öffentlichen Raum
Im Dessauer Stadtteil Ziebigk wird eine rechtsextreme Propagandaserie festgestellt, die in Qualität und Quantität bemerkenswert ist. An mindestens 9 Standorte finden sich demnach neonazistische Aufkleber und Graffiti, die inhaltlich zudem ein breites Spektrum innerhalb der extrem rechten Szene bedienen.
Es ist offensichtlich, dass mit dem Kürzel „NS-Zone“ auf einem der Aufklebermotive ein positiver Bezug zum historischen Nationalsozialismus hergestellt werden soll. Dafür spricht auch die verwendete Farbkombination Schwarz-Weiß-Rot die in der rechtsextremen Ikonographie eine ideologisch aufgeladene Bedeutung hat. Die durchgestrichenen Piktogramme reihen sich in diese Bildsprache ein. So soll die „Black Lives Matter“ – Bewegung diskreditiert werden oder sich mit durchgestrichenen „Punker“ gegen alle Jugendsubkulturen die nicht rechts sind, ausgesprochen werden. Interpretationswürdig ist das Hammer und Sichel-Symbol. Hier ist nicht davon auszugehen, dass damit nur im engsten Sinne die politische Feindschaft zu vermeintlichen oder tatsächlichen kommunistischen Gruppierungen oder Bewegungen zum Ausdruck kommt. Vielmehr herrscht in der extrem rechten Szene mit einem verkürzten Freund-Feind-Schema der Duktus vor, dass alle die nicht für neonazistische Ideologiefragmente eintreten, der Feind sind. In diesem Zusammenhang kann auch von einer rechtsextremen Opferinszenierung, einer Selbstviktimisierung gesprochen werden. Das schließt in dieser Logik dann nicht nur klassische linke Gruppen ein, sondern das gesamte „verhasste System“ – von der CSU bis zur Linkspartei oder von den Gewerkschaften bis zu den Kirchen. Dieser Aufkleber/Aufkleber ist demnach nur in einschlägigen, neonazistischen Internetversänden wie bspw. „Druck88“ zu beziehen.









Das Gesamtarrangement an einem Trafohäuschen bedient gleich mehrere, rechtsextreme bzw. neonazistische Narrative. Zudem ist mit „Russia 88“ eine positive Bezugnahme sowohl zur neonazistischen Szene wie auch auf Russland. Dafür steht auch die gesprühte Parole „Slawa Russia“ rechts unten, die übersetzt so viel wie „Ruhm Russlands“ oder „Hoch lebe Russland“ bedeutet. Dies illustriert zudem der kombinierte Zahlen- und Buchstabencode „Z88Z“, weil der Buchstabe „Z“ als Kennung für russische Militärfahrzeuge im Angriffskrieg gegen die Ukraine verwendet wird und hier der bekannte rechtsextreme Zahlencode „88“ („Heil Hitler“) buchstäblich in die Mitte genommen und damit genau diese Verbindung visualisiert. Hier wird indes noch ein anderer, eher szeneinterner Konflikt, angeschnitten. Während die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ sich auch in Solidarität mit ihren Gesinnungskameraden in der Ukraine eher proukrainisch positioniert, halten es sowohl verschwörungs- und rechtsoffene Gruppierungen aus dem so genannten Querdenkermilieu wie auch weite Teile der rechtsextremen Szene mit Russland und dessen Angriffskrieg. Vervollständigt wird dieses Bild mit der in der Szene sehr beliebten Farbkombination der Reichsfahne.
Neben dem Graffiti ist hier der Aufkleber mit der Aufschrift „Antifa verbieten“ zu sehen. Dies ist als neonazistische Intervention im Bereich der so genannten „Anti-Antifa“-Kampagne zu verstehen. Dies schließt ein, gegen vermeintlich oder tatsächliche politische Gegner:innen auch mit Gewalt vorzugehen. Dazu gehört beispielsweise auch, so genannte Feindeslisten im Internet zu veröffentlichen aus denen zum Teil Telefonnummern oder Wohnadressen der Betroffenen hervorgehen. Selbst wenn dies nicht zu konkreten Übergriffen führt, sollen damit Menschen die sich gegen Rechtsextremismus engagieren eingeschüchtert werden.







Die so genannte „Schwarze Sonne“ ist eins der beliebtesten Symbole in der extrem rechten Szene. Anders als zu vermuten, ist das Symbol dabei ein Kunstgebilde der „SS“, also jener Terrororganisation im historischen Nationalsozialismus. Auf der Wewelsburg – einem Hauptkultplatz der SS – war die „Schwarze Sonne“ als großes Bodenrelief eingelassen. Auch hier spielt wieder die schon bekannte Farbkombination eine tragende Rolle.
Die so genannte Doppelsigrune als Hoheitszeichen der „SS“ im historischen Nationalsozialismus ist strafbewehrt, mithin in der Bundesrepublik in allen Darstellungsformen verboten. „White Power“ ist eine der zentralen, rassistischen Botschaften im organisiert und jugendkulturell verfassten Rechtsextremismus weltweit. Bei dem Symbol das wie eine Zielscheibe aussieht, handelt es sich um das in der Szene ebenfalls sehr beliebte Kelten- oder Heidenkreuz das in Kombination mit anderen Zeichen oder Organisationsbezeichnungen strafbewehrt sein kann. Der Zahlencode „1161“ steht für „Anti-Antifaschistische Aktion“.
Strafanzeigen wurden erstattet, der polizeiliche Staatsschutz ermittelt.
Foto: Projekt Gegenpart am 25. August 2024 in Dessau-Roßlau
Quelle: eigener Bericht