„Dass die Täter zudem mit Nazisymbolen und rechtsextremer Musik sympathisierten, untermauert die These einer rechtsextremen Gewalttat noch zusätzlich“
Die Sonne brennt am 01. August 2024 auf dem Fußweg der zum Haupteingang des Dessauer Hauptbahnhofes führt. Zum Glück bietet die parkähnliche Anlage genügend Schatten. Dort haben sich insgesamt 40 Erinnerungsgäste eingefunden um Hans-Joachim Sbrezesny zu gedenken. Der damals 50-Jährige wurde vor genau 16 Jahren, am 01. August 2008, just an dieser Stelle von zwei Neonazis brutal ermordet. Es gibt offensichtliche Hinweise darauf, dass er einzig und allein aus dem Grund angegriffen und getötet wurde, weil er auf einer Parkbank schlief und von den Tätern als obdachlos wahrgenommen wurde. Sbrzesny wurde somit Opfer eines Hassverbrechens. Er ist bis heute nicht offiziell als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
Marco Steckel von der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt führte moderierend durch das Programm
Oberbürgermeister Dr. Robert Reck stellt in seinen Erinnerungsworten genau darauf ab, wenn er sagt: „Dass die Täter zudem mit Nazisymbolen und rechtsextremer Musik sympathisierten, untermauert die These einer rechtsextremen Gewalttat noch zusätzlich.“ Das Stadtoberhaupt verweist damit nicht nur auf das einschlägige, neonazistische Weltbild der Täter, sondern widerspricht der These, die damals das zuständige Gericht vertreten hat: „Hans-Joachim Sbrzesny war kein Zufallsopfer, wie es das Urteil des Dessauer Landgerichts behauptet. Er wurde gezielt ausgesucht und angegriffen, weil er als jemand wahrgenommen wurde, den man wegen seiner mutmaßlichen Obdachlosigkeit schlagen, quälen und sogar töten darf.“ Auch wenn er die Begrifflichkeit nicht konkret ausspricht, dürfte Sozialdarwinismus als Bestandteil der Gruppenbezogen Menschenfeindlichkeit damals die handlungsleitende Tatmotivation der Rechtsextremisten gewesen sein. Es ehrt die Stadtgesellschaft, dass vor genau einem Jahr am Tatort ein Gedenkstein mit der Aufschrift „Hans-Joachim Sbrezesny – Opfer rechter Gewalt“ eingeweiht wurde (mehr dazu hier…). Ein starkes Statement, auch ohne Anerkennung, die jedoch das Ziel bleibt.
Wie recht Robert Reck mit seiner Einschätzung hat, dass sich mit dem Phänomen Rechtsextremismus in all seinen Ausprägungen auch heute und aktuell auseinandergesetzt werden müsse, zeigte sich nur wenige Tage vor dieser Gedenkveranstaltung. Da wurde eine Bank aus der Sitzgruppe wo Hans-Joachim Sbrezesny damals ermordet wurde, mit einem 20 mal 20 cm großen Hakenkreuz beschmiert. Nach einer entsprechenden Anzeige war von dem inkriminierten Symbol dank des Stadtpflegebetriebs nichts mehr zu sehen. Und dieses gemeinsame Agieren im Trialog zwischen Verwaltung, Zivilgesellschaft und Kommunalpolitik macht die Stärke der hiesigen Gedenkkultur aus. Wohl auch deshalb plant die Stadt gemeinsam mit der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt Anhalt/Bitterfeld/Wittenberg (AWO SPI) und dem Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus (Projekt GegenPart) bereits den 01. August 2025.
Die Violinistin Katharina Brandt von der Anhaltischen Philharmonie sorgt für die musikalische Umrahmung