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Gedenkstätte für Opfer der NS-Euthanasie Bernburg

 

Die Organisation des Massenmordes an den Insassen von Heil- und Pflegeanstalten begann im Frühjahr 1939 und war im Herbst des gleichen Jahres weitgehend abgeschlossen. Als Legitimation diente ein formloses und rechtlich nicht verbindliches Schreiben Hitlers, das im Oktober 1939 unterzeichnet und auf den 1. September zurückdatiert wurde: "Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann." (Material 8) Die bewusst verharmlosenden und vom Mitleidsmotiv dominierten Formulierungen dienten als Auslöser für die planmäßige Ermordung von kranken und behinderten Menschen. Mehr als 70.000 von ihnen starben allein von Januar 1940 bis August 1941 in sechs dafür eingerichteten Gaskammern.

Für die administrative Abwicklung der Mordaktion wurde vom Reichsministerium des Innern und der Kanzlei des Führers eine Zentrale eingerichtet. Von dem Ort ihres Sitzes, Tiergartenstr. 4 in Berlin, leitete sich die Tarnbezeichnung "Aktion T 4" ab. Die Zentrale selbst war ein Konglomerat verschiedener Tarnorganisationen: der Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten (RAG) - zuständig für die Erfassung und Begutachtung der Kranken; der Gemeinnützigen Krankentransport-GmbH (Gekrat) - zuständig für den Transport in eine Tötungsanstalt; der Gemeinnützigen Stiftung für Anstaltspflege - zuständig für die Anmietung der Gebäude und das Personal; der Zentralverrechnungsstelle Heil- und Pflegeanstalten - zuständig für die Pflegekostenabrechnung und andere Bereiche der Finanzen. (Material 9) Sie dienten der Bewältigung der einzelnen Aufgaben bei der Durchsetzung des Gesamtzieles, der möglichst unauffälligen Durchführung der Massenmorde.

Die Mordaktion erfolgte in zwei Phasen. In der ersten Phase von Januar 1940 bis August 1941 erfolgte die Tötung durch Gas zentralisiert in sechs psychiatrischen Anstalten:
1. Grafeneck (b. Stuttgart) von Jan. 1940 bis Dez. 1940
2. Brandenburg (b. Berlin) von Jan. 1940 bis Sept. 1940
3. Hartheim (b. Linz) von Jan. 1940 bis August 1941
4. Sonnenstein/Pirna (b. Dresden) von Apr. 1940 bis Aug. 1941
5. Bernburg (b. Magdeburg) von Nov. 1940 bis August 1941
6. Hadamar (b. Limburg) von Jan. 1941 bis Aug. 1941.

In einer zweiten, dezentralisierten Phase von August 1941 bis 1945 starben kranke und behinderte Menschen in fast einhundert psychiatrischen Einrichtungen durch Entzug der Nahrung und/oder überdosierte Medikamente. Zugleich erfasste die Mordaktion weitere Personenkreise. Kranke Zwangsarbeiter/innen, die noch zu Beginn des Krieges bei Erkrankung in ihre Heimat zurückgeschickt wurden, Insassen von Alters- und Siechenheimen, Fürsorgezöglinge mit einem jüdischen Elternteil, selbst Angehörige der Wehrmacht und der SS wurden im Rahmen der "Euthanasie" bis 1945 und zum Teil über das Kriegsende hinaus ermordet. (Material 10)

Die "Euthanasie"-Anstalt Bernburg löste im Herbst 1940 Brandenburg ab. Im Oktober 1940 trafen Handwerker ein, die in einem der Gebäude eine Anlage installierten, die im wesentlichen aus einer als Duschraum getarnten Gaskammer, einem Sektionsraum und einem Krematorium bestand. Leiter war Dr. med. Irmfried Eberl, später erster Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka. Als Stellvertreter fungierten Dr. med. Heinrich Bunke, zeitweilig auch Dr. Kurt Borm und Dr. Theodor Steinmeyer. Dazu kam ein umfangreicher Verwaltungsapparat für Post, Regelung von Nachlassangelegenheiten, Ausstellung von Todesurkunden und Versendung von Urnen, weiterhin die Fahrer der Gekrat-Busse, die Wirtschaftsabteilung, das Küchen- und Hauspersonal, die Krankenschwestern und -pfleger und die sogenannten "Desinfektoren" für den Transport und die Verbrennung der Leichen.

Am 21. November 1940 erreichte der erste Transport mit Patienten der Brandenburgischen Landesanstalt Neuruppin die "Euthanasie"-Anstalt Bernburg. Gleich nach ihrer Ankunft wurden sie registriert, entkleidet, photographiert und einem Arzt vorgeführt, der aus einem vorgegebenen Katalog eine glaubhafte Todesursache für die betreffenden Personen auswählte. Anschließend begleiteten Pfleger und Schwestern jeweils Gruppen von 60 bis 75 Personen in den Keller, wo sie in einer Gaskammer durch Kohlenmonoxyd-Gas getötet wurden. Die Kapazität der Vernichtungsanlage mit nur vier zugehörigen Funktionsräumen stieg schnell bis auf 1.400 Menschen im Monat an. Bis zum August 1941 waren es mehr als 9.000 Tote. (Material 11 - 16)

Drei der sechs "Euthanasie"-Anstalten dienten für eine weitere Mordaktion, die in Hartheim und Sonnenstein/Pirna bereits im Frühjahr 1941, in Bernburg erst im August 1941 begann. Im Rahmen der sogenannten "Sonderbehandlung 14 f 13" wurden arbeitsunfähige und/oder rassisch verfolgte Häftlinge aus Konzentrationslagern in den Gaskammern ermordet. Die Auswahl zwischen "lebenswert" und "lebensunwert" trafen auch hier die Ärzte aus der "Euthanasie". In Bernburg starben etwa 5000 Häftlinge der Konzentrationslager Buchenwald, Groß-Rosen, Flossenbürg, Neuengamme, Ravensbrück und Sachsenhausen, fast ausschließlich jüdische Männer und Frauen. (Material 19 - 20)

Insgesamt stehen sowohl "Euthanasie" als auch "Sonderbehandlung 14 f 13" in Hinsicht auf verwaltungsmäßige Organisation, technische Durchführung und beteiligte Personenkreise für die Kontinuität in der Entwicklung des industriell organisierten Massenmordes durch das NS-Regime - von der "Euthanasie" bis zum Holocaust. 


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