Projekt Gegenpart Projekt Gegenpart
Das Internetportal für Dessau und Umgebung
Träger
Beratung und Unterstützung lokaler Akteure
Kooperationspartner & Initiativen gegen Rechts
Aktionsplan für Demokratie und Toleranz
Veranstaltungstips
Der antirassistische Newsletter für Dessau und Umgebung
Die Chronik >Sagt nicht, Ihr hättet von nichts gewußt!<

Untersuchungsausschuss 11.Februar 2008 / Teil 4

der ehemalige Staatsschützer Christian Kappert wird nochmals vom Ausschuss vernommen

Gegen 18.00 Uhr tritt der ehemalige Staatsschützer Christian Kappert wiederholt den Zeugenstand des Untersuchungsausschusses. Dieser gibt zunächst zu Protokoll, dass ihm erinnerlich sei, dass das ausgesprochene Hausverbot für das gesamte Objekt der Polizeidirektion gegolten hätte. Weiter führte er aus, das ihm ebenfalls seitens seines Arbeitgebers verwehrt worden sei, seine eigene Personalakte einzusehen oder Auskunft über seine personenbezogenen Daten zu erhalten.


Christian Kappert vor dem Untersuchungsausschuss

Ausschussmitglied Jens Kolze befragt den Polizeibeamten nach dem Protokoll des Privatgesprächs von Swen Ennullat in der Polizeiakademie. Kappert gibt diesbezüglich an, dass er selbst am 21. Januar diesen Jahres im Landgericht Dessau-Roßlau, mit Aufgaben der Schutzpolizei betraut im Einsatz gewesen sei, als die Verhandlung zum Tod Oury Jallohs (mehr dazu hier…) gerade lief. Einer der zwei Angeklagten habe in der Pause auf dem Flur dann von diesem ominösen Gesprächsprotokoll erzählt. Einen Tag später hätte dieses Schreiben dann wohl im Bereich der Dienstgruppenleiter im Revier Dessau-Roßlau ausgelegen.

Auf Frage des Ausschussmitglieds Guido Henke zu dem Untersuchungsbericht von Rainer Nitsche führt er aus: dieser habe ihn zweimal im Rahmen der Untersuchungen angehört. Nitsche habe ihm zudem mitgeteilt, dass laut seiner Auffassung den vier Beteiligten nichts dienstrechtlich relevantes nachzusagen sei. Im Umkehrschluss heiße das, dass offizielle Ermittlungen hätten eingeleitet werden müssen und spätestens dies hätte dem davon betroffenen mitgeteilt werden müssen.

„Dadurch, dass ich das unterschrieben habe, werde ich umgesetzt.“

Kappert erzählt, dass er im Gespräch Nitsche nach dessen offiziellen Untersuchungsauftrag gefragt habe. Darauf hätte der leitende Ermittler Rainer Nitsche keine Antwort gegeben. Ferner sei Kappert als Zeuge nicht belehrt worden, er habe auch nichts unterschrieben und Rainer Nitsche hätte sich laut seiner Erinnerungen auch keine Notizen während der Anhörungen gefertigt. Als „nicht unbedingt der Karriere förderlich“ bezeichnet Kappert die Folgen der, aus seiner Sicht „einseitigen Ermittlungen“ zu diesem Fall. Er merkt an, dass auch er ein direktes Gespräch mit Innenminister Holger Hövelmann zu diesen Begebenheiten befürwortet hätte. Dem Personaldezernenten Lutz Gutewort gegenüber habe Kappert indes einmal unmissverständlich klargestellt, dass an seiner eidesstattlichen Versicherung zu dem Gesprächsprotokoll mit Glombitza nichts zu rütteln sei. „Dadurch, dass ich das unterschrieben habe, werde ich umgesetzt.“, sei ihm folglich mitgeteilt worden.

„Ich kann nur das auffassen, was er sagt.“
Christian Kappert

„Es ging definitiv nicht um die Lehrer, es ging um uns, um die Polizei.“
Christian Kappert

Gudrun Tiedge hakt bei Christian Kappert noch einmal wegen der Äußerungen Glombitzas nach, dass die Landeskampagne „Hingucken!“ ‚nur für die Galerie sei‘. Ob Hans-Christoph Glombitza diese Darstellung in Zusammenhang mit dem Kultusministerium gebracht habe, will Tiedge wissen. Dieser Kontext habe bei den Formulierungen von Glombitza nie eine Rolle gespielt, erinnert sich Kappert. „Ich kann nur das auffassen, was er sagt.“, so Kappert und fügt an, dass er nicht wisse, wie er das hätte falsch verstehen sollen. Der Leiter der Polizei einer Polizeidirektion, wie Glombitza es derzeit war, müsse sich seiner Worte bewusst sein, meint der Zeuge oder er hätte diese ja auch bei Missverständlichkeit korrigieren können. „Es ging definitiv nicht um die Lehrer, es ging um uns, um die Polizei.“, so der Zeuge abschließend dazu.

Guido Kosmehl möchte zunächst wissen, wie es zur eidesstattlichen Versicherung der drei unter dem Gesprächsprotokoll gekommen sei. Diese rechtliche Absicherung sei nicht auf seine Initiative hin zustande gekommen, sagt Kappert, er habe aber auch keine Bedenken deswegen gehabt. Als damaliger Leiter der Abteilung Staatsschutz habe Sven Gratzik sich nach dem Glombitza-Gespräch auch in einer hilflosen Position befunden, gibt der Zeuge heute zu Protokoll. Er selbst sei zudem sehr froh gewesen, dass seine beiden Vorgesetzten bei diesem Gespräch mit dabei gewesen wären. Auch er hätte nach dem Gespräch gedacht, dass diesbezüglich in irgendeiner Weise gehandelt werden müsse, weil der Sachverhalt so nicht hätte im Raum stehen bleiben können. Inwiefern das geschriebene Gedächtnisprotokoll dann über den offiziellen Dienstweg gelaufen sei oder wie es gar an die Öffentlichkeit gelangt sei kann der Zeuge nicht sagen. Ein Problem mit der Veröffentlichung des Sachverhaltes habe Kappert aber nicht gehabt.

Ob Sven Gratzik einen direkten Auftrag zur Fertigung diese Schriftstückes an Kappert gegeben habe will Erich Reichert wissen. Konkret könne der Zeuge das heute nicht mehr angeben, aber ihm sei erinnerlich, dass unter den drei Staatsschützern Einigkeit über die Fertigung herrschte. Die Äußerungen von Glombitza seien für ihn ein „mentaler Tiefschlag“ gewesen.

„Woher weiß er das denn? Wer ist Herr Loichen?“
Christian Kappert

„Das dachten wir uns auch.“
Gudrun Tiedge

Auf einen Vorhalt Tiedges aus der Aussage des Polizeibeamten Loichen (mehr dazu hier…), dass die drei Staatsschützer das Protokoll erst zwei Monate in der Schublade zurückgehalten hätten, bevor sie es dann funktional weitergegeben hätten, fragt Kappert verständnislos: „Woher weiß er das denn? Wer ist Herr Loichen?“ Der Antwort Tiedges: „Das dachten wir uns auch.“,  entsprachen an dieser Stelle augenscheinlich mehrheitlich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses.

„Es ist richtig, Ihr drei sollt nicht mehr zueinanderfinden.“

„Welchen Fehler hab ich eigentlich gemacht?“
Christian Kappert

Seit 01.05.2007 ist Kappert nunmehr im Zentralen Einsatzdienst (ZED) tätig, eine Planstelleneinweisung  oder eine schriftliche Veränderungsmitteilung habe er jedoch bis heute nicht erhalten. Auf Nachfragen Bernwardt Rothes zum Aktenvorhalt, dass Lutz Gutewort angab, Kappert hätte geäußert, ohne Gratzik nicht mehr im Staatsschutz arbeiten zu wollen, entgegnet dieser selbst, dass dies so nicht richtig sei. Vielmehr hätte er angegeben, dass er diesen Posten nicht mehr erfüllen wolle unter den Vorzeichen, wie sie Hans-Christoph Glombitza im Gespräch mit den drei Staatsschützern aufgestellt hätte. „Auch das ist wieder nur zur Hälfte richtig.“, so Kappert zu den protokollierten Ausführungen, dass Gutewort ihm verschiedene zukünftige Verwendungen angeboten hätte. Er führt aus, dass er sich am 13.04.2007 hätte bei Lutz Gutewort einfinden sollen, dabei hätte es um seine Versetzung gehen sollen. ‚Offiziell wirst du nichts anderes von mir hören.‘ hätte der Personaldezernent Gutewort eingangs zu ihm gesagt. Im späteren Verlauf habe er Kappert gegenüber aber eingestanden: „Es ist richtig, Ihr drei sollt nicht mehr zueinanderfinden.“ „Welchen Fehler hab ich eigentlich gemacht?“, so Kappert in die Runde des Untersuchungsausschusses und will somit eine Grundsatzfrage aufwerfen, die ihm jetzt und hier aber keiner befriedigend beantworten kann.  „Hart aber gerecht ist er.“, sagt der Zeuge in Bezug auf den oft kritisierten Führungsstil Sven Gratziks. Rachemotive habe der Zeuge zu keinem Zeitpunkt dem früheren Polizeichef Glombitza gegenüber gehegt, er habe ihn bis dato immer sehr geschätzt. Am 05.02.2007 „war ein plötzlicher Umschwung da“, so Kappert abschließend zu seinen Wahrnehmungen.


pensionierter Vize-Polizeichef Hans-Christoph Glombitza wird nochmals gehört

19.10 Uhr betritt der pensionierte Vize-Polizeichef Hans-Christoph Glombitza den Plenarsaal. Zunächst begründet er aus seiner Sicht die Umsetzungen der drei damaligen Staatsschützer. Demnach sei Swen Ennullat wegen seiner Aufstiegsausbildung versetzt worden, Christian Kappert, weil er sich dahingehend geäußert hätte, nicht ohne Sven Gratzik weiter im Staatsschutz zu arbeiten du der damalige Leiter des Staatsschutz Sven Gratzik selbst sei eigentlich eh nur bis Ende 2006 für den Posten vorgesehen gewesen. Gratzik hätte ins Polizeirevier Bitterfeld wechseln sollen, um Erfahrungen mit Querschnittsaufgaben zu sammeln.


Hans-Christoph Glombitza vor dem Untersuchungsausschuss

Zu dem angeführten Hausverbot für die drei Staatsschützer meint Glombitza, dieses sei ausschließlich ein „Betretungsverbot“ für die Räume des Fachkommissariats Staatsschutz gewesen und da sie seiner Auffassung nach zu diesem Zeitpunkt keine Mitarbeiter in dieser Abteilung gewesen seien, hätten er auch keine Veranlassung für ein Betreten der Räume gesehen. Glombitza ergänzt, dass Sven Gratzik zu irgendeinem Zeitpunkt Gelegenheit gehabt haben müsse, seine persönlichen Sachen abzuholen, denn er habe seinen Informationen nach ja auch die Möglichkeit gehabt, den Panzerschrank der Abteilung zu räumen.

„Ganz sicher mit der Intention, dass Herr Nitsche es berücksichtigt.“
Hans-Christoph Glombitza

„Ganz sicher mit der Intention, dass Herr Nitsche es berücksichtigt.“, so Glombitza zu einem Schreiben, welches er Rainer Nitsche am 18.06.2007 nachgereicht habe. In diesem Schreiben hätte er Stellung genommen zu Vorwürfen, wie sie aus einem Telefoninterview mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Wolfgang Böhmer auf Radio SAW zu hören gewesen seien. Böhmer habe in seinen Ausführungen die Handlungen der drei Staatsschützer als „Retourkutsche“ gegen Glombitza dargestellt. Der pensionierte Polizeichef hätte gewollt, dass dem Innenministerium seine Meinung zu solchen Vorwürfen bekannt gemacht werde, daran hätte er nichts verwerfliches gesehen. Im Nitsche-Bericht habe er zudem Teile seiner Argumentation wiedergefunden.

Glombitza führt aus, dass ihn der Abschlussbericht Rainer Nitsches schon überrascht habe, so zum Beispiel, dass den drei Staatsschützern keinerlei Verfehlungen nachzusagen seien.

‚Sich als Polizist um Asylbewerber zu kümmern, sei genauso wie wenn er sich um Nutten kümmern würde.‘

„Ich habe ihm gesagt, dass damit auch Risiken verbunden sind.“
Hans-Christoph Glombitza

Der Vorwurf, dass Glombitza einem Beamten einmal vorgehalten habe: ‚Sich als Polizist um Asylbewerber zu kümmern, sei genauso wie wenn er sich um Nutten kümmern würde.‘ sei ihm erinnerlich, wie der Beamte heiße, wisse er aber nicht mehr. Es sei ein Beamter, der sich in Bernburg um Asylbewerber kümmere und beispielsweise eine farbige Fußballmannschaft häufig zu Spielen fahre. „Ich habe ihm gesagt, dass damit auch Risiken verbunden sind.“, so Glombitza. Er hätte den Beamten zur Vorsicht gemahnt und darauf hingewiesen, dass für diesen Probleme auftreten könnten, wenn einer der Spieler Rauschgift bei sich tragen würde. Für Glombitza sie klar, dass es irgendein Vorkommnis gegeben haben müsse, da die Kollegen den Sachverhalt sonst nicht hätten kennen können.

„Meine Welt war nicht mehr in Ordnung, als mir Frau Scherber-Schmidt am 13.04.2007 das Protokoll gab.“
Hans-Christoph Glombitza

„Meine Welt war nicht mehr in Ordnung, als mir Frau Scherber-Schmidt am 13.04.2007 das Protokoll gab.“, so Glombitza auf eine entsprechende Frage Norbert Bischoffs. Wäre er nach Bekanntwerden des Gesprächsprotokolls initiativ geworden, so hätte jeder geglaubt, er würde die drei Gegenspieler manipulieren wollen, gibt Glombitza zu Protokoll. Aus Glombitzas Sicht sei er selbst bei dieser Geschichte der Leidtragende. Weiter führt Glombitza aus, er habe Sven Gratzik nach dem Gespräch vom 05.02.2007 angeboten, er solle ihm einfach einen Termin nennen und dann hätte er sich jederzeit auf ein Folgegespräch mit den drei Beamten eingelassen. Dieses Angebot sei aber nie umgesetzt worden sein. Ferner nennt der pensionierte Polizeichef die Vorhalte, zu Gratzik gesagt zu haben, dieser solle ‚demotivierte Beamte entsorgen‘ „falsch, absolut falsch.“

Auf die Fragen Guido Kosmehls bestätigt Glombitza die Beurteilung für Sven Gratzik mit Norbert Postler zusammen verfasst zu haben. Laut Postler habe sich diese verfasste Version nur auf die Wahrnehmungen des letzten halben Jahres bezogen, nicht auf die gesamte Zeit von Gratziks Tätigkeit auf diesem Posten.

Guido Kosmehl will nun wissen, mit welcher Motivation die Gesprächspartner am 05.02.2007 auf die „Hingucken!“-Kampagne gekommen seien. Swen Ennullat habe die Kampagne im Verlauf des Gesprächs angeführt, um das Engagement des Staatsschutzes Dessau zu untermauern. Glombitza führt diesbezüglich aus, dahingehend reagiert zu haben, dass das Land etwas entgegen setzen müsse, wenn „selbsternannte Experten“ das Land schlecht machen würden. Glombitza äußert scheinbar überzeugt, dass ihn andere Mitarbeiter, so wie er sich immer ausdrücken würde, verstehen würden.

Die 24-Stunden-Rufbereitschaft und die hohen Überstunden habe es laut Glombitza zunächst in der Abteilung nicht gegeben. Es sei ein loses Angebot von Gratzik gewesen, er habe vielmehr ständig darauf gedrängt, bei Fragen jederzeit angerufen zu werden. Dieses Angebot sei von Glombitza dankend angenommen worden. Dann kam jedoch eines Tages eine E-Mail von Sven Gratzik, in der er darum bat wieder von dem Angebot abzusehen. Glombitza sah sich daraufhin veranlasst, für den Bereich Staatsschutz eine Rufbereitschaft offiziell ins Leben zu rufen. An der Stelle hätte Gratzik, hinsichtlich Bereitschaft sieben Tage 24 Stunden zu dritt abzudecken, geäußert: ‚Das ist nicht machbar.‘

Bernwardt Rothe versucht mit Hans-Christoph Glombitza die Rufbereitschaft noch weiter zu erörtern. Der Zeuge führt hierzu aus, dass Gratzik als Begründung diese nicht mehr zu wollen, Konfrontationen mit seiner Urlaubsplanung angeführt hätte. Nachdem die Rufbereitschaft offiziell im Dienstgeschehen installiert gewesen sei, wäre sie aber nicht mehr in Anspruch genommen worden, so Glombitza. Die Beurteilung Gratziks habe der damalige Polizeichef, unter Hinzuziehung des Leiters ZKD Norbert Postler, versucht mit dem Beurteilten zu klären. Er habe Gratzik die Abstufung in seiner Beurteilung näher erläutern wollen, was aber nur bedingt gelungen sei, Sven Gratzik hätte diesbezüglich auch ein „Änderungsbegehren stellen können", was er aber nicht getan habe, so Glombitza.

Auf Siegfried Borgwardts Fragen hin, ob die Überbelastung ausschließlich bei den dreien, Gratzik, Ennullat und Kappert, bestanden hätte, führt der Zeuge aus, dass er irgendwann einmal eine Mitteilung erhalten habe, dass das Problem erledigt sei. Zudem habe er es immer als schwierig empfunden, die Arbeit einer „Feuerwehrtruppe“ vorherzusehen.

Ob den Leiter der Polizei Glombitza nicht verwundert hätte, dass die Mehrarbeit nicht auf der Arbeitsebene sondern auf Ebene der Abteilungsleitung niederschlug, will Borgwardt wissen. Das verneint der Zeuge, mit Verweis darauf, dass die Arbeitsweise von Gratzik und Ennullat hinlänglich bekannt gewesen sei. Als Leiter der Abteilung Polizei sei es zudem, seiner Auffassung nach, nicht sein Aufgabengebiet, zu arrangieren, dass die Arbeit möglichst gerecht verteilt werde.


Leiterin des Zentralen Kriminaldienstes Heike Heusmann erneut vor dem Ausschuss

21.10 Uhr betritt Heike Heusmann, Leiterin des Zentralen Kriminaldienstes, den Raum. Dr. Helga Paschke will von der Zeugin wissen, wie sich die Thematik Rufbereitschaft aus ihrer Sicht darstelle. Sie gibt zu Protokoll, dass Gratzik die freiwillige Rufbereitschaft ab Ende 2006 nicht mehr abdecken wolle, Glombitza habe die fachliche Beratungsmöglichkeit aber gern beibehalten wollen. Heusmann sah innerhalb der Polizeidirektion neben der Leitung der Abteilung Staatsschutz auch weitere kompetente Mitarbeiter vorrätig, die diese Funktion erfüllen könnten. Dies hätte folglich auch einen erneuten Anstieg der Überstunden vermeiden, so die Zeugin.

Auf Nachhaken Borgwardts bezüglich einer Plausibilitätsprüfung der 2.300 Überstunden äußert Heusmann, dass dies nicht geschehen sei, es habe lediglich eine Prüfung gegeben, ob diese über den Zeitraum eines viertel Jahres abzubauen wären. Wer den Vorschlag zur Vergütung der Überstunden eingebracht habe, wisse sie nicht, ihr sei dazu aber erinnerlich, dass sich die Polizeipräsidentin Scherber-Schmidt dafür stark gemacht habe. Da eine finanzielle Abgeltung von Überstunden in der Polizei eher unüblich sei, wäre sie darüber auch verwundert gewesen, eine Plausibilitätsprüfung habe dazu trotzdessen niemand angestrengt.

„Ja, es hat einige gegeben.“
Heike Heusmann

Von Frau Dr. Paschke auf den Führungsstil Gratziks befragt, gibt sie an: „Ja, es hat einige gegeben.“ und meint damit Beamte, die aufgrund des Führungsstils die Abteilung Staatsschutz wieder verlassen hätten. Auf entsprechendes Nachhaken kann sie aber nur eine Person konkret benennen.

Zu dem Komplex befragt, dass sie, als Gratziks direkte Vorgesetzte, angewiesen habe über jegliche Details in Kenntnis gesetzt zu werden, führt sie aus: Sie hätte nicht über jedes Telefonat Gratziks, nur über konkrete grundsätzliche Vereinbarungen oder Änderungen in der Abteilung informiert werden wollen.

Auf entsprechende Fragen Guido Kosmehls zur Rufbereitschaft führt sie nochmals aus: Diese sei vorerst für zwei Monate offiziell installiert worden, anschließend sei diese dann mit Entscheidung Glombitzas wieder abgeschafft worden, das sie nicht den erwünschten Erfolg gebracht hätte. Konkret sei die Entscheidung gegen die Rufbereitschaft von Glombitza und Heusmann zusammen gefällt worden.


Mitglieder der SPD im Untersuchungsausschuss

Auf das Protokoll der Führungsbesprechung in der Polizeihundeschule in Pretsch angesprochen gibt die Zeugin zu Protokoll: Sie denke auch Gratzik hätte dieses trotz Abwesenheit bekommen. Das Protokoll sei ihrer Erinnerung nach verspätet rausgegangen, erst im Mai 2007. Anhand dieses Umstandes wäre zu erklären, wieso Gratzik dieses nicht mehr erhalten habe, da er zu dem Zeitpunkt nicht mehr zugegen war.

Von veränderten Richtlinien in der Zählung politisch motivierter Kriminalität aus den Jahren 2004 bis 2006 habe Heusmann erst nach den Presseveröffentlichungen um den Skandal wegen geschönter Statistiken im LKA erfahren. Die Zeugin meint, auf Ebene der Polizeidirektion hätte die Statistiken der Leiter des jeweiligen Fachkommissariats, also Sven Gratzik, kontrollieren müssen.

„Ja, das hat so direkt niemand geäußert.“
Heike Heusmann

„Also was Sie hier äußern sind Vermutungen?“
Gudrun Tiedge

„Ja, das hat so direkt niemand geäußert.“, dass sei für sie „aber nur vorgeschoben“ gewesen, entgegnet die Polizeibeamtin Heusmann auf Fragen Gudrun Tiedges zur Personalfluktuation unter Gratziks Leitung sowie Kritik an dessen Führungsstil. ‚Vielleicht hätte sie sich nicht getraut, das so offen zu sagen.‘, mutmaßt Heusmann. Mit einem klaren „Ja“ antwortet sie auf die Frage: „Also was Sie hier äußern sind Vermutungen?“

„Ja, das Klima war nicht besonders gut.“
Heike Heusmann

„Ja, das kann ich an Personen nicht mehr festmachen.“
Heike Heusmann

Erich Reichert antwortet sie zur Bewertung des Gesamtklimas im Fachkommissariats: „Ja, das Klima war nicht besonders gut.“ Sie konkretisiert, dass es in der Abteilung eine Gruppenteilung gegeben habe, [Vorgangsbearbeitung und GIA = Gefahrenabwehr – Informationsbeschaffung – Auswertung]. Die Gruppe GIA sei intern von Gratzik bevorzugt worden die andere Gruppe hingegen habe sich häufig vernachlässigt gefühlt. Heusmann führt an, dass die Vorgangsbearbeiter beispielsweise einmal nicht zu einen Bowlingabend mit eingeladen worden seien. Daraufhin habe es Missstimmung und folglich eine Aussprache in der Abteilung gegeben. „Ja, das kann ich an Personen nicht mehr festmachen.“, so die Zeugin ferner dazu.


Landtag von Sachsen-Anhalt

Sie sei erst ab Ende 2006 für diese Belange zuständig gewesen, so Heusmann, auf die Frage, weshalb sie als Vorgesetzte bei diesen Missstimmung nicht eingegriffen habe. Nach ihrer Wahrnehmung stand der Leistungsanspruch Gratziks immer entgegen der Maßgabe: ‚Die Leute dort abzuholen wo sie stehen.‘ Zudem gesteht sie ein, dass es von ihr aus schon ein gestörtes Verhältnis zu Gratzik gegeben habe und sie sich demzufolge „verschiedentlich übergangen“ fühlte.

Gudrun Tiedge geht abschließend noch einmal auf Vermittlungsgespräche innerhalb der Abteilung ein. Ein anderer Kollege, so führt Heike Heusmann aus, der Probleme mit der Art Gratziks gehabet hätte, sei einen Kompromiss mit ihm eingegangen, Gratzik sei folglich mehr auf den Kollegen eingegangen und mit: „Ja, das hat sich gebessert.“, bestätigt sie, dass sich dieses Problem zum Positiven gewandt habe und der Kollege dann im Fachkommissariat Staatsschutz geblieben sei.

22.15 Uhr verlässt Heike Heusmann heute als letzte Zeugin den Saal und der zehnte parlamentarische Untersuchungsausschuss stellt für abschließende Debatten die „Nichtöffentlichkeit“ wieder her.

News

 

projektgegenpart ist umgezogen

 

weiter...

3. Workshop für Bürgerbündnisse und lokale Akteure: "Vor Ort aktiv gegen Rechtsextremismus – gemeinsam oder einsam?"

weiter...

Amtsgericht Burg: Rechte Schläger wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt

weiter...

Neues von der Kampagne "Kein Bock auf Nazis"

weiter...

Verlegung der ersten Stolpersteine am 19. Mai 2008 in Dessau-Roßlau

weiter...

1708 Opfer rechter Gewalt in Ostdeutschland

weiter...

Spendenaufruf für Zeitzeugenarchiv

weiter...

gemeinsamer Spendenaufruf für Oury Jalloh

weiter...






News > Archiv