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Fortsetzung Magdeburger Untersuchungsausschuss Teil 2...

 

Zur Verwunderung der Anwesenden bestätigt Hans-Christoph Glombitza, dass er vom Innenministerium angeschrieben worden sei, um den Abschlussbericht zu den Untersuchungen einsehen zu können. Im Ministerium habe er dann auch eine gedruckte Ausführung des „Nitsche-Berichts“ erhalten. Den ehemaligen Staatsschützern Kappert, Ennunllat und Gratzik, sowie den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses sei dies von Seiten des Innenministeriums bis heute verwehrt worden.

Guido Kosmehl hält dem pensionierten Polizeidirektor die Aussage Sven Gratziks vor, dass dieser kein Problem damit gehabt habe, dass ein anderer Kollege statt seiner Person befördert worden sei. „Herr Gratzik hat die Tatsache, dass er nicht befördert wurde, nicht gleichmütig zur Kenntnis genommen“, so Glombitza darauf. Gratzik sei seines Wissens nach „schockiert“ gewesen, habe sich diesbezüglich Kollegen gegenüber beschwert und habe gesagt: „er wolle irgendetwas machen.“ „Wenn er sich hinstellt und behauptet, er habe es mit Gleichmut hingenommen, entspricht das überhaupt nicht der Tatsache“, resümiert Hans-Christoph Glombitza dazu.

Der Befragte gibt zu Protokoll, dass das Verhältnis zwischen dem damaligen Staatschutzleiter und seiner Vorgesetzten Heike Heusmann von  Konkurrenz geprägt gewesen sei. Er selbst wäre Gratzik gegenüber immer wohlgesonnen gewesen, weswegen sich Gratzik in seinem Windschatten immer hätte besser darstellen können. Das Gedächtnisprotokoll der drei Gesprächspartner habe er erst am 13. April durch die damalige Polizeipräsidentin Brigitte Scherber-Schmidt in die Hände bekommen.

Untersuchungsausschussmitglied Holger Stahlknecht fragt den Zeugen nun, ob er die Aussage: „…die Verfahrensweise hilft nur den Linken“, in diesem Gespräch so getätigt habe. „Nein, das war überhaupt nicht Gesprächsthema“, so Glombitza. Weiter sagt er dazu: “Ich denke, dass habe ich nicht gesagt.“ Er verneint auch, gegenüber Gratzik von „einem Entsorgen des Personals“ gesprochen zu haben.

Gudrun Tiedge hält dem Dessauer Polizeidirektor (a. D.) vor, dass er mit seinen Aussagen den drei ehemaligen Staatsschützern bewusste Fehlinterpretationen sowie Intrigieren gegen seine Person unterstelle. Sie will daraufhin von ihm wissen, ob er gegen die drei Anzeige deswegen erstattet habe, was der Befragte verneint.

Auf Bernward Rothes Frage entgegnet Glombitza, dass er mit Gratzik immer eine offene Kommunikation gepflegt habe. Er habe ihm auch einmal gesagt: „Wenn Sie nicht fachlich so gut wären, hätte ich Sie schon lange rausgeworfen“ und  begründet dies mit einem Mangel sozialer Kompetenzen Gratziks. Dieser habe seiner Meinung nach einen „denunziatorischen Charakter“. Er führt dazu an, dass der damalige Staatsschutzchef  beispielsweise ein Hakenkreuz, was sich in Sichtweite des Zerbster Polizeirevieres befunden habe und von den Beamten ignoriert worden sei, angezeigt habe und diese Meldung dann im ganzen Land verteilt hätte. Dennoch habe sich Glombitza laut seiner Aussage immer hinter Gratzik gestellt, obwohl sich dieser eben im Umgang mit Kollegen oft negativ hervor getan habe.

„Wenn Sie nicht fachlich so gut wären, hätte ich Sie schon lange rausgeworfen“
Hans-Christoph Glombitza 

Nochmals von Guido Kosmehl befragt sagt der Zeuge: „Ich denke die Zahl war ausreichend“, so Glombitza zur personellen Besetzung der Dessauer Staatsschutzabteilung. Die Aussage, dass der Innenminister als politischer Akteur sich natürlich hinter die Landeskampagne „Hingucken“ stelle, kommentiert er nun aus seiner Sicht mit den Worten: „Vermeintliche selbsternannte Experten sagen hier, dass das Land nicht genug gegen Rechts tut.“

„Vermeintliche selbsternannte Experten sagen hier, dass das Land nicht genug gegen Rechts tut.“
Hans-Christoph Glombitza 

Aus der Untersuchungsakte hält Kosmehl ihm seine Aussage vor: „Ich versuchte die bestehenden Grenzen des Handeln Müssens und des Handeln Könnens aufzuzeigen“ und fragt den Zeugen daraufhin: „Das heißt, die Staatsschützer hätten zu akzeptieren, dass es eine Grenze gibt, wo man nicht weiter ermitteln kann?“ „Richtig“, so Glombitza dazu. „Die jetzt hier zu Papier gebrachte Erschütterung, die kaufe ich den Kollegen nicht ab“, so der ehemalige Polizeidirektor.

„Die jetzt hier zu Papier gebrachte Erschütterung, die kaufe ich den Kollegen nicht ab“
Hans-Christoph Glombitza 

Nun kommen die Ausschussmitglieder noch einmal auf die Versetzungen der drei Staatsschützer zu sprechen. Entgegen der Aussage Gratziks meint Glombitza, dass dieser nur für zwei Jahre als Leiter der Abteilung Staatsschutz hätte bleiben sollen, er hätte eh „verändert“ werden sollen. Ennullat sei bereits damals als Leiter des Revieres Wolfen vorgesehen gewesen und Kappert seien verschiedene neue Beschäftigungsfelder, darunter auch im Bereich Staatsschutz, angeboten worden, er habe aber ausschließlich zusammen mit Gratzik arbeiten wollen. In seiner Kritik an den Internetrecherchen habe Glombitza nur eine reguläre Option gesehen, benötigte Arbeitszeit einzusparen.


 
Heike Heusmann wird als Leiterin des Zentralen Kriminaldienstes befragt

20.10 Uhr tritt die Kriminaloberrätin Heike Heusmann vor den 10. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Die 49-jährige bestätigte zunächst, dass es vom Innenministerium einen Erlass gäbe, Straftaten im Internet bei anlassbezogenen Recherchen zu verfolgen. Sie gab auch zu Protokoll, dass die Konzeption, die Sven Gratzik für die Abteilung Staatsschutz auf den Weg gebrachte habe, erfolgreich gewesen sei und viele Nachahmer gefunden habe. Hebt aber hervor, dass dies eine hohe Personalfluktuation in der Abteilung mit sich gebracht habe. In drei Jahren habe es insgesamt 23 Personalwechsel gegeben, was sie auf den Führungsstil Gratziks zurückführte. Aufgrund der Überlastungsanzeigen aus dem Fachkommissariat 4 Ende 2006 sei dann entschieden worden, einfache Staatschutzdelikte wieder in die Polizeireviere abzugeben. Fortbildungsseminare seien wegen der Überbelastung nicht mehr zu genehmigen gewesen. „Der Ruf von Herrn Gratzik war zu dem Zeitpunkt schon so schlecht, dass keiner mehr im FK4 arbeiten wollte“, so die Zeugin für das Protokoll.

„Der Ruf von Herrn Gratzik war zu dem Zeitpunkt schon so schlecht, dass keiner mehr im FK4 arbeiten wollte“
Heike Heusmann 

So ein Gespräch habe ich mit Herrn Gratzik nie geführt“, so die Kriminaloberrätin zu den Aussagen des Ersten Zeugen, dass sie ihm mitgeteilt haben solle, Rechtsextremismus sei in der PD Dessau kein Schwerpunkt mehr. Auf die Vorhaltungen, Gratzik zur Bereinigung der Statistikzahlen angehalten zu haben, antwortet die Beamtin: „Nein, so ein Gespräch hat es nie gegeben.“ Ihrer Aussage zufolge sei vom LKA lediglich die Qualität einiger Meldungen kritisiert worden und sie habe deshalb auf die Richtlinien verwiesen. Bekanntgaben einer  veränderten Zählweise sei ihr nicht zu Ohren gekommen, ihr ist nur erinnerlich, dass gesagt worden sei, die Meldungen zukünftig strenger zu kontrollieren. Diese Kritik seitens des LKA sei bei der Zusammenkunft in Pretzsch aber allgemein gehalten worden und nicht auf die PD Dessau bezogen gewesen.

Zum weiteren Vorhalt der Aussage Gratzik: „Die Arbeit des FK4 sei nicht lobenswert“, reagiert die Kriminaloberrätin abermals abwehrend mit: „Nein, so ein Gespräch haben wir nicht geführt.“ Auch ein Gespräch mit dem damaligen Unterstellten Gratzik über die „Bereinigung“ der Listen, kommentiert sie mit: „unrichtig“.

Die Besetzung des Fachkommissariats 4 mit „16, teilweise 18“ Mitarbeitern hält sie ihrer Einschätzung nach für relativ viel. Abschließend gibt die Zeugin zu Protokoll, dass die angehäufte Mehrarbeit aus dem Jahr 2005 und Anfang des Jahres 2006 vorwiegend durch den Bereich GIA (Gefahrenabwehr – Informationsbeschaffung – Auswertung, Anm. d. Red.) zustande gekommen sei. Wohin gegen Mehrarbeit aus dem weiteren Jahr 2006 und aus 2007 vorwiegend auf Grund der Abarbeitung von Ermittlungsverfahren aufgelaufen sei.

21.00 Uhr wird die letzte Zeugin der heutigen Sitzung entlassen und der 10. Parlamentarische Untersuchungsausschuss beendet seine Sitzung mit einem nicht öffentlichen Teil.



verantwortlich für den Artikel:


Mario Bialek
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