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Parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Magdeburger Landtag kommt am 31. März 2008 zu seiner 8. Sitzung zusammen

Teil 2

Landespolizeidirektor im Zeugenstand

Als nächsten Zeugen hört das Gremium den 55jährigen Wolf-Peter Wachholz. Der Beamte gibt an, seit 1994 im Magdeburger Innenministerium tätig zu sein und heute dort das Dezernat Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung zu leiten. Der Zeuge macht zunächst Ausführungen zur allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung in Sachsen-Anhalt, zu der auch Staatsschutzdelikte gehörten. Wachholz betont, das die Bekämpfung des Rechtsextremismus im Land schon immer Priorität gehabt hätte, doch insbesondere nach dem letzten Regierungswechsel nochmals eine Intensivierung der Bemühungen zu verzeichnen gewesen sei: „Eine wesentliche, nicht unbedeutende Akzentuierung, erfolgt durch die politische Willensbekundung.“ Es gebe kein Nachlassen bei der Verfolgung der politisch motivierten Kriminalität Rechts. In diesem Zusammenhang verweist der Zeuge u. a. auf einen Beschluss des Magdeburger Landtages, ein Netzwerk für Demokratie und Toleranz zu implementieren, ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus aus der Taufe zu heben und benennt zudem zahlreiche Erlasse seines Hauses und die Kampagne „Hingucken“. Außerdem gebe es eine monatliche Berichterstattung im Kabinett, die sei ein „einmaliger“ Vorgang in der Bundesrepublik. „Die Liste der Aktivitäten und Vorgaben ist nicht abschließend.“, so Wachholz. Außerdem führ er aus: „Die Priorität der Aufgabe müsste allen Bediensteten der Polizei klar sein.“ Wachholz ist sich sicher: „Es hat zu keiner Zeit die Anweisung gegeben, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nachzulassen. Im Gegenteil.“

 „Eine wesentliche, nicht unbedeutende Akzentuierung, erfolgt durch die politische Willensbekundung.“
Wolf-Peter Wachholz 

„Die Priorität der Aufgabe müsste allen Bediensteten der Polizei klar sein.“
Wolf-Peter Wachholz   

Berward Rothe beginnt für die SPD-Fraktion die Befragung des Landespolizeidirektors und möchte von ihm zunächst wissen, welche Vorgaben das Land bei der Registrierung von Straftaten ohne explizit politische Motivation (StoepM) erlassen habe. „Wir haben was die Erfassung dieser Delikte anbelangt, einen kriminalpolizeilichen Meldeweg.“ Wachholz benennt die einzelnen Bausteine dieses standardisierten Verfahrens: Richtlinien, Verfahrensregeln, Informationen zum polizeilichen Definitionssystem, Krimimanltaktische Anfragen und entsprechende Themenfeldkataloge (mehr dazu hier...). Zu den StoepM-Delikten sagt er aus: „Es hat eine unterschiedliche Einordnung gegeben.“ Deshalb habe Sachsen-Anhalt am Rande der letzten Innenministerkonferenz eine bundeseinheitliche Regelung vorgeschlagen. Zur Bewertung der StoepM-Delikten habe zudem am 06. November 2007 in der PD Magdeburg eine Besprechung stattgefunden, an der neben Vertretern aus dem Ministerium auch Beamte des Landeskriminalamtes teilgenommen hätten. Da habe man sich schließlich auf den November-Erlass verständigt (mehr dazu hier...) der mittlerweile eindeutig regele, dass alle Straftatbestände nach dem Paragraph 86a (Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen) generell in die politisch motivierte Kriminalität Rechts einzuordnen wären, bis anderweitige Erkenntnisse vorliegen würden.  „Darauf, ob eine politische Motivation nicht erkennbar war, kommt es hier nicht an.“, zitiert der Zeuge aus dem Erlass.

„Es hat eine unterschiedliche Einordnung gegeben.“
Wolf-Peter Wachholz    

„Darauf, ob eine politische Motivation nicht erkennbar war, kommt es hier nicht an.“

Wir haben den Vorstoß jetzt gewagt.“, sagt Wachholz zur Initiative Sachsen-Anhalts in der Innenministerkonferenz und dem dort zuständigen Arbeitskreis 2. In der 217. Sitzung am 12. und 13. März 2008 in Bremen habe das Land angeregt, die Erlasslage aus Magdeburg bundesweit einzuführen. Die sei schließlich gelungen: „Es hat letztlich ein Beschluss gegeben, der in unserem Sinne war und dies nun bundeseinheitlich regelt.“ Diese neue Regelung zur Erfassung der StoepM-Delikte gelte nun in der ganzen Republik rückwirkend zum 01. Januar 2008.

"Es hat letztlich ein Beschluss gegeben, der in unserem Sinne war und dies nun bundeseinheitlich regelt.“
Wolf-Peter Wachholz    

Gudrun Tiedge beginnt mit der Befragung des Zeugen und möchte zunächst wissen, seit wann es die bundeseinheitlichen Regelungen zur Erfassung politisch motivierter Delikte gebe. Wachholz sagt, dass die Innenministerkonferenz dieses formalisierte Verfahren im Jahr 2001 auf dem Weg gebracht habe. Generell sei für die Umsetzung dieser Richtlinien das jeweilige Landeskriminalamt zuständig, das MI könne bei Bedarf durch Erlasse konkretisieren: „Das LKA hat hier quasi die Federführung.“  Im Jahr 2006 habe es durch das Ministerium keinen Erlass zu den Richtlinien gegeben. Im letzten Jahr habe es nach der öffentlichen Debatte um die StoepM-Delikte zunächst zwei Erlasse vom 13. September und 12. Oktober an das LKA gegeben, aus denen schließlich der November-Erlass entstanden sei.  Wachholz sagt auch, dass nach Angaben des Landeskriminalamtes die rechtsextremen Delikte im Bundesvergleich nicht „exorbitant hoch“ gewesen seien. „Für uns war das keine signifikante Frage.“, sagt der Landespolizeidirektor zur Frage Tiedges, warum es bis 2007 keinen Erlass zu den Richtlinien aus dem Ministerium gegeben habe. Außerdem sei ihm kein Treffen von polizeilichen Führungskräften im November 2006 bekannt, dass sich mit den beschäftigt habe. „Das ist richtig.“, so Wachholz zur Frage, ob seine Abteilung im MI die fachlich letzte Stelle gewesen sei, die die Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) bekommen habe: „Die Einzelfälle kamen uns nicht über den Tisch. Wir bekamen das Zahlenwerk.“

"Für uns war das keine signifikante Frage.“
Wolf-Peter Wachholz     

„Die Einzelfälle kamen uns nicht über den Tisch. Wir bekamen das Zahlenwerk.“
Wolf-Peter Wachholz    

Nun geht es um den rasanten Anstieg der StoepM-Delikte und die Frage, wann er von diesem erstmals Kenntnis erlangt habe: „Das kann man nicht an einen ganz bestimmten Zeitpunkt fest machen.“ Er könne sich allerdings daran erinnern, dass zum Jahresbeginn 2007 die Zahlen noch relativ gering gewesen seien. Erstmals hätten die Augustzahlen einen starken Anstieg aufgewiesen, der sich dann im darauf folgenden Monat auf insgesamt 288 StoepM-Delikte nochmals merklich erhöht habe. Dann habe das Ministerium das LKA zunächst angewiesen, einen konkreten Fallspiegel zu erstellen.

Natürlich habe ich das angesprochen, dass ist ja auch ein Fakt.“, antwortet Wachholz auf die Frage, ob er Ende 2006 auf einer Führungskräftekonferenz  die rechtsextremen Delikte und deren Spitzenstellung im Bundesvergleich angesprochen habe. Er habe in dieser Veranstaltung auch geäußert, dass die Zahlen auf Grund des politischen Maßnahmepakete noch weiter steigen könnten.  „Seit wann gab es die Auslegungshilfen zu den Richtlinien?“, will die Abgeordnete wissen. “Wir selbst haben keine Auslegungshilfen herausgegeben.“, ist sich Wachholz sicher. Es könne sein, dass das LKA als zuständige Fachaufsicht solche Konkretisierungen vorgenommen habe.

„Natürlich habe ich das angesprochen, dass ist ja auch ein Fakt.“
Wolf-Peter Wachholz    

“Wir selbst haben keine Auslegungshilfen herausgegeben.“
Wolf-Peter Wachholz    

Guido Kosmehl (FDP) setzt die Befragung des Landespolizeidirektors fort und erfährt von dem 55jährigen, dass nach den neuen Richtlinien damit zu rechnen sei, dass die StoepM-Delikte am Gesamtaufkommen der PMK nur noch einen „sehr, sehr geringen“ Anteil ausmachen würden. „Man muss die Zahlenbasis sehen, von der Quanität her.“, antwortet Wachholz auf Kosmehls Einwurf, ob dem Ministerium der Zuwachs der StoepM-Delikte nicht schon eher hätte auffallen müssen. „Die Zahlen waren höher aber noch nicht so, dass wir Alarm schlagen müssen.“, erinnert sich Wachholz. In der Öffentlichkeitsarbeit habe das Ministerium die als „unklar“ klassifizierten Delikte stets ausgewiesen, die StoepM-Delikte jedoch nicht: „da ging es ja um den Phänomenbereich.“

„Die Zahlen waren höher aber noch nicht so, dass wir Alarm schlagen müssen.“
Wolf-Peter Wachholz     

Der FDP-Politiker hält Wachholz die Angaben des ehemaligen LKA-Chefs Frank Hüttemann (mehr dazu hier…) vor, der vor dem Ausschuss gesagt habe, dass er Wachholz explizit abgeraten habe, die StoepM-Delikte in einer Pressemitteilung zu erwähnen. Der Zeuge sagt, mit Hüttemann ein „fachlich sehr enges Verhältnis“ gepflegt zu haben und die Bedenken des LKA-Leiters an seinen unmittelbaren Vorgesetzten herangetragen zu haben. Herr Liebau habe das dann mit der Hausspitze besprochen und schließlich sei die Entscheidung getroffen worden, mit dieser Information an die Öffentlichkeit zu gehen.
Außerdem gibt Wachholz zu Protokoll, dass er aus Gesprächen und dem Hüttemann-Bericht wisse, dass es Ende 2006 aus dem LKA heraus Bestrebungen gegeben habe, unklare Delikte auch als StoepM zu zählen. In diesem Zusammenhang sei das LKA damals auch auf die einzelnen Polizeidirektionen zugegangen. „War diese Zählweise, so wie sie das LKA offensichtlich ins Land getragen hat, im Rahmen der bundeseinheitlichen Richtlinien?“, fragt Kosmehl ganz konkret. Darauf antwortet Wachholz, dass die StoepM-Einordnung im Einzelfall stimmen könne, aber nicht für ganze Deliktgruppen richtig sei.

„War diese Zählweise, so wie sie das LKA offensichtlich ins Land getragen hat, im Rahmen der bundeseinheitlichen Richtlinien?“
Guido Kosmehl

Dr. Helga Paschke hält dem Zeugen vor das Frank Hüttemann ausgesagt habe, wenn beispielsweise die Tatumstände einer Hakenkreuzschmiererei nicht klar gewesen seien, wäre dieses Delikt in StoepM gelandet. Hier verweist der Zeuge abermals auf die neue Regelung die nun festlege, dass solche Straftaten nun eindeutig als rechtsextreme Delikte zu zählen seien.

Gudrun Tiedge kommt erneut auf die Öffentlichkeitsarbeit des MI zurück und zitiert dazu eine Pressemitteilung aus dem Juli 2007. In der habe das Ministerium verkündet, dass die Straftaten mit einer rechten Motivlage auch deshalb zurückgegangen seien, weil die eingeleiteten Maßnahmen erste Wirkungen entfaltet hätten. Außerdem hält sie dem Landespolizeidirektor eine e-mail des MI-Pressesprechers an einen Journalisten „Der Welt“ vor. Dieser habe in der Nachricht gefragt, wie der Rückgang der PMK Rechts zu erklären sei. Der MI-Mitarbeiter habe geantwortet, dass die „umfangreichen Maßnahmen“ der Landesregierung nun gegriffen hätten. Gudrun Tiedge will von Wachholz wissen, warum er spätestens hier nicht remonstriert habe, wo doch schon klar gewesen sein müsse, dass es einen hohen Rückgang gar nicht gegeben habe, sondern nur die StoepM-Delikte angestiegen wären. Wachholz gibt an, dass sich die Zahlen im Laufe des Jahres noch hätten ändern können.

Abschließend stellt der 55jährige vor dem Ausschuss klar, dass die drei Schulungen die es in Polizeidienststellen zu Einordnung der StoepM-Delikte gegeben habe, vom LKA und nicht vom MI veranlasst worden seien. 



48jähriger LKA-Kriminalist wird gehört

Zu Beginn seiner Einlassungen gibt der 48jähriger Kriminalist Gerald Littke an, im Landeskriminalamt in der Abteilung 5 (Staatsschutz) tätig zu sein und dort die Auswertung von politisch motivierten Delikten „rechts“ und „links“ vorzunehmen. In seinem Bereich wären ihm sieben Mitarbeiter nachgeordnet. Seit Mitte 2006 gehöre es so zu seinen Aufgaben, die entsprechenden KTA-Meldungen (mehr dazu hier…) fachlich zu prüfen. „Eine Einarbeitung hat in diesem Bereich nicht stattgefunden.“, sagt Littke. Vielmehr habe er sich Rat bei seinen Mitarbeitern geholt, die in der Abteilung schon länger mit der Auswertung der KTA-Meldungen betraut gewesen wären.

"Eine Einarbeitung hat in diesem Bereich nicht stattgefunden.“
Gerald Littke 

Guido Henke (Linke) fragt den Kriminalisten danach, wie er sich 2006 denn mit seinem neuen Aufgabengebiet im LKA vertraut gemacht habe. Er habe die Geschäfte von seinem Vorgänger übernommen und keine Qualifizierung in diesem Sinne erhalten. „Die KTA`s sind mir dann erst im Zuge meiner neuen Aufgaben bekannt geworden.“, so Littke. Der 48jährige sagt, die Schulungsmaßnahmen in den Polizeidienststellen zum „Definitionssystem KTA/PMK“ im Einvernehmen mit den Polizeidirektionen veranlasst zu haben: „Ich bin selber in den PD`s gewesen.“ Auch in der Dessauer Direktion sei er gewesen, allerdings erst, als dort der Nachfolger Sven Gratziks die Leitung des Staatsschutzes bereits übernommen habe. „Es war eine einmalige Sache.“, sagt Littke zu den Schulungen. Ihm sei bei der Analyse der Meldungen aufgefallen, dass einige KTA`s aus den Direktionen nicht den Anforderungen des Definitionssystems genügen würden. Daraus schließlich, habe er einen Handlungs- und Qualifizierungsbedarf abgeleitet. Henke zitiert aus dem Hüttemann-Bericht und fragt nach einer in diesem Papier erwähnten „Ausfüllhilfe“. „So etwas existiert nicht.“, ist sich der Zeuge sicher.  Er wisse, dass das LKA so ein Dokument nicht schriftlich erstellt habe. Die Defizite in den KTA-Meldungen die aus Dessau gekommen seien, wären im Vergleich zum vorgeschriebenen Definitionssystem „etwas höher“ als andernorts gewesen. In einigen Fällen habe er die Mängel schriftlich an die entsprechende PD versandt, oftmals jedoch wäre diese Qualitätskorrektur telefonisch erfolgt.

Gudrun Tiedge erfährt von dem Kriminalisten, was alles zum Definitionssystem gehöre. Neben dem System selbst, gäbe es noch einen Katalog Gewaltdelikte, einen entsprechenden Verfahrenskatalog und eine Ausfüllanleitung. Darüber hinaus würde die Arbeitsgruppe „Qualitätssicherung“ für die inhaltliche Fort- und Weiterschreibung zuständig sein und die Fachaufsicht innehaben. So sei es im Zuge der Fußball-WM beispielsweise zu einer Veränderung im Themenfeldkatalog gekommen. „In einigen Punkten ist es vermehrt zu Mängeln gekommen.“, fasst der Zeuge seine Motivation zusammen, mit Schulungen in die Dienststellen zu gehen. Er habe es zudem nicht mehr für ausreichend erachtet, mit den Polizeidirektionen nur die Einzelfälle zu besprechen. Dadurch allein wären aus seiner Sicht die strukturellen Mängel in den KTA-Meldungen nicht zu beheben gewesen. Gudrun Tiedge möchte wissen, inwieweit er bei den Schulungen die Zählweise der StoepM-Delikte zur Sprache gebracht habe. „Die Polizeidirektionen hätten nicht im erforderlichen Maße den Kausalzusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und der Tatmotivation dargestellt.“, antwortet Littke. Er habe im Rahmen der Schulungen zudem nicht feststellen können, dass die StoepM-Delikte stark angestiegen wären. „Was soll ich jetzt dazu sagen, da müsste ich das Definitionssystem zitieren.“, antwortet der Zeuge auf die Frage, ob der Novembererlass des MI im Widerspruch zu den vorgeschrieben Regelungen stehen würde. Für ihn stelle der Erlass eine „Präzisierung“ dar, die durchaus zulässig sei.

„In einigen Punkten ist es vermehrt zu Mängeln gekommen.“
Gerald Littke

"Die Polizeidirektionen hätten nicht im erforderlichen Maße den Kausalzusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und der Tatmotivation dargestellt.“
Gerald Littke

Guido Henke hält Gerald Littke eine Pressemitteilung des MI vom 12. November 2007 vor, in der das Ministerium davon spreche, nun wieder zur „alten Zählweise zurück zu kehren im Gegensatz zu der vom LKA initiierten“. Littke führt aus: „Zur alten Zählweise kann ich mich nicht äußern.“ Außerdem schätzt er ein, dass der Entscheidungsspielraum nach dem Novembererlass geringer geworden sei.  Gerald Littke nennt dafür ein konkretes Zahlenbeispiel. So wären nach dem Erlass aus den insgesamt 288 registrierten StoepM-Delikten, schließlich nur 44 in dieser Kategorie verblieben.

„Zur alten Zählweise kann ich mich nicht äußern.“
Gerald Littke

Mir hat man jedenfalls nicht gesagt, dass ich da grundsätzlich falsch gelegen habe.“, sagt Littke zu Tiedges Frage, ob sein Vorgesetzter ihn für den Anstieg der StoepM-Delikte imm Jahr 2007 gerügt habe. Außerdem gibt der 48jährige an, keine schriftliche Berichterstattung über die Schulungen in den PD´s angefertigt zu haben.

“Mir hat man jedenfalls nicht gesagt, dass ich da grundsätzlich falsch gelegen habe.“
Gerald Littke

Dr. Helga Paschke sagt zum Zeugen, dass Frank Hüttemann in seiner Vernehmung angegeben habe, dass es auch im LKA selbst eine „Qualitätsaktion“ gegeben habe. „Wir haben selber keine Arbeitsleistung erbracht, die in irgendeiner Form einer Qualitätsprüfung unterzogen werden könnte.“, so Littke. Der Zeuge erinnert sich zudem auf Nachfrage an einen Fall, in dem er mit dem ehemaligen Dessauer Staatsschutzleiter Gratzik korrespondiert habe. Dabei sei es darum gegangen, ob das Anbieten einer SS-Uniform im Internet strafrechtlich relevant sei.

„Wir haben selber keine Arbeitsleistung erbracht, die in irgendeiner Form einer Qualitätsprüfung unterzogen werden könnte.“
Gerald Littke

Erich Reichert (CDU) fragt den LKA-Staatsschützer, ob es einen kontinuierlichen Fachaustausch mit anderen Bundesländern zur Einordnung von PMK-Delikten gäbe. Ein offiziell strukturierten Austausch sei ihm nicht bekannt. Gerald Liitke erinnert sich jedoch an eine KTA-Meldung, die er dem Bundeskriminalamt angezeigt habe, um ein fachlichen Votum zu erfragen. Dabei sei es um einen Obdachlosen gegangen, der aus Frust dem hinzu gerufenen Arzt einen „Hitlergruß“ gezeigt habe.

Gudrun Tiedge schließt die Befragung des Zeugen ab und möchte von den Beamten wissen, ob er für die Aufregung um die Zählweise der Statistik verantwortlich sei. „Wenn Sie so wollen: Ja!“, schließt der 48jährige.

„Wenn Sie so wollen: Ja!“
Gerald Littke


weiterer LKA-Beamter im Zeugenstand   

Als nächsten Zeugen hört der Ausschuss den 53jährigen Hans-Dieter Römer, der angibt, im LKA das Dezernat 51 zu leiten und zudem der unmittelbare Vorgesetzte Gerald Littkes zu sein.

Auf Nachfrage des Abgeordneten Henke (LINKE) sagt der Beamte aus, dass ihm in seiner Abteilung insgesamt 25 Mitarbeiter nachgeordnet wären. Seine dortige Tätigkeit übe er seit dem 01. April 2005 aus. Für die Einweisung Littkes sei er demnach nicht zuständig gewesen, dass habe sein Vorgänger gemacht.  „Ja, das hat er mit mir besprochen.“, sagt Römer zur Frage, ob Littke ihm vom Qualifizierungsbedarf in den Polizeidirektionen in Kenntnis gesetzt habe: „Wir haben angeboten, dass die Kollegen zu uns kommen oder wir in die Behörden fahren.“  Außerdem sagt der Zeuge, dass für die konkreten Vorbereitungen der Schulungen Littke allein verantwortlich gewesen sei. „Die Powerpoint-Präsentation hat er mir vorgelegt, die war gut.“, erinnert sich der Beamte an eine Maßnahme Littkes. Im Gegensatz zum vorhergehenden Zeugen bestätigt Römer die Passage des Hüttemann-Berichtes, wonach es für die KTA-Meldungen „Auslegungshilfen“ gegeben habe. Auch er wäre im Zuge der Einführung einer neuen Software in Dessau gewesen und habe dort „bestimmte Dinge“ mit Herrn Gratzik besprochen. „Und in der Kontinuität der KTA`s, da gab es Probleme in Dessau.“, erinnert sich der Kriminaloberrat. Es wäre üblich gewesen, dass er mit Gerald Littke einzelne KTA-Meldungen durchgegangen sei: „Die Fälle die herausragend sind, die sprechen wir gemeinsam durch.“ Sein Mitarbeiter Littke wäre zudem mehrmals bezüglich eines fachlichen Austausches im Bundeskriminalamt gewesen.  „Letzlich ist die Palette sehr breit, Sachsen-Anhalt bewegt sich da im Mittelfeld.“, sagt er zum Anteil der  StoepM-Delikte am Gesamtaufkommen der politisch motivierten Kriminalität rechts.

„Wir haben angeboten, dass die Kollegen zu uns kommen oder wir in die Behörden fahren.“
Hans-Dieter Römer

„Letzlich ist die Palette sehr breit, Sachsen-Anhalt bewegt sich da im Mittelfeld.“
Hans-Dieter Römer

D
er Ausschussvorsitzende Jens Kolze (CDU) möchte von Römer nun wissen, wie er die fachliche Kompetenz seines Mitarbeiters Littke auf einer Skala von 1 bis 15 einschätze. „Eine 13“, sagt der Vorgesetzte des LKA-Beamten. „Niemand im LKA ist in der Lage, eine KTA zu unterdrücken.“, sagt Hans-Dieter Römer zur Frage, ob Littke sich nicht im Kompetenzrahmen eines Dezernatsleiters bewegt habe.

„Niemand im LKA ist in der Lage, eine KTA zu unterdrücken.“
Hans-Dieter Römer

Die Einstellungspraxis der Gerichte war eigentlich ausschlaggebend dafür.“, sagt Römer zur Motivation des Landeskriminalamtes, warum es die Schulungen zu den KTA`s gegeben habe. Der Anteil derjenigen Strafverfahren, die vor einer Hauptverhandlung eingestellt worden seien, wäre einfach zu hoch gewesen: „Hier müssen wir uns einmal angucken, ob die Polizei ordentlich arbeitet.“  Außerdem erzählt Römer dem Ausschuss, dass es bisher im LKA das Prozedere, Einzelfallbesprechungen zu bestimmte KTA-Meldungen durchzuführen, nicht gegeben habe: „Herr Littke hat damit begonnen.“

„Hier müssen wir uns einmal angucken, ob die Polizei ordentlich arbeitet.“ 
Hans-Dieter Römer

Das ist mir nicht aufgefallen.“, sagt Römer zur Frage, ob er nach den Schulungen ein Aufwuchs der StoepM-Delikte bemerkt habe.

Das ist nicht richtig.“, interpretiert Hans-Dieter Römer eine Passage einer Pressemitteilung aus dem Innenministerium, wonach das LKA die Erfassungspraxis der StoepM-Delikte geändert habe. Dies stimme einfach nicht. Er bezeichnet auch die Annahme, dass nach den Schulungen die StoepM-Delikte angewachsen wären, als „Vermutung“.


Abteilungsleiter Staatsschutz des Landeskriminalamtes steht Rede und Antwort

Der Dezernatsleiter, der im LKA für die Analyse und Auswertung der PMK zuständig sei, Herr Windolf, wird anschließend vom Gremium gehört. Auch er bestätigt, dass ihn Gerald Littke auf Mängel in der Erfassung der KTA-Meldungen aufmerksam gemacht habe und daraufhin Schulungen veranlasst worden seien. Windolf betont das es gerade in diesem Bereich wichtig wäre, die Öffentlichkeit über die Zuordnung zu den jeweiligen Phänomenbereich zu informieren: „Solche Sachen müssen klar sein.“  Zwar gebe es bei den Erfassungsrichtlinien einen gewissen Spielraum, aber die Motivationserfassung des Täters sei relevant und nicht die Frage, ob ein Hakenkreuz strafbar sei. „Mir ging es um eine Qualitätsverbesserung, nicht um Zahlen.“, stellt Windolf klar.

„Mir ging es um eine Qualitätsverbesserung, nicht um Zahlen.“
Derzernatsleiter Windolf

Das hat mich noch nicht beunruhigt. Beunruhigt war ich erst, als mir die Zahlen für August 2007 bekannt worden.“, sagt der Dezernent zum Aufwuchs der StoepM-Delikte. Zur Aussage Hüttemanns, dass dieser erst im Oktober 2007 von der Qualitätsaktion erfahren haben will, sagt der Zeuge, dass das gut sein könne: „Für mich war das ein Routinevorgang.“  Selbstkritisch räumt Windolf ein, dass er seinen Chef womöglich eher hätte informieren müssen.

"Das hat mich noch nicht beunruhigt. Beunruhigt war ich erst, als mir die Zahlen für August 2007 bekannt worden.“
Derzenatsleiter Windolf

Das Ministerium hat den Wunsch geäußert, dass ich mich verändere.“, sagt der Beamte zur Frage Kosmehls, ob das MI auf seine Rückversetzung vom LKA ins Ministerium gedrängt habe. Auch Windolf kann im Nachgang keine veränderte Zählweise erkennen, die das  LKA angeordnet habe: „Dass ist eine politische Aussage, die der Minister gemacht hat.“ Er selber jedenfalls, habe keine andere Zählweise angeordnet: „Ich kann mich dieser Meinung persönlich nicht anschließen.“ Außerdem gibt der Zeuge an, dass aus dem BKA niemals wegen gemeldeter StoepM-Delikte aus Sachsen-Anhalt remonstriert worden sei. 
????? Windolf sagt auf die Frage Gudrun Tiedges, dass der grundsätzliche Unterschied zu den vorhergehenden Jahren in der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes der Personalwechsel gewesen sei. Die neuen Mitarbeiter hätten sich einfach Fragen gestellt: „Wir haben die Feststellung gemacht, dass hier etwas im argen liegt.“  Zu den vom LKA angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen gibt Windolf zu Protokoll: „Bis auf Dessau haben das alle Dienststellen abgefragt.“

„Das Ministerium hat den Wunsch geäußert, dass ich mich verändere.“
Derzernatsleiter Windolf

„Ich kann mich dieser Meinung persönlich nicht anschließen.“
Derzernatsleiter Windolf

„Wir haben die Feststellung gemacht, dass hier etwas im argen liegt.“
Derzernatsleiter Windolf 

Wenn Herr Hüttemann nicht befördert, sondern abgesetzt wurde? Sie müssen die Frage nicht beantworten.“, sagt Gudrun Tiedge und meint damit, ob der Zeuge dann das Vorgehen seiner Abteilung trotzdem als „Qualitätssicherung“ begreife. „Darauf antworte ich nicht.“, äußert sich der Dezernent dazu.

Dr. Helga Paschke fragt den Zeugen abschließend nach den Konsequenzen im LKA nach der öffentlichen Debatte um die PMK-Statistik. Windolf sagt darauf, dass er und Frank Hüttemann die Personen im LKA gewesen seien, die mit Veränderungen konfrontiert gewesen seien. Er würde nun im MI das Referat 23/3 leiten und damit wieder mit der politisch motivierten Kriminalität befasst sein.

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