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„Es ist kein Delikt unter den sogenannten Teppich gefallen, es ist lediglich eine Bewertungsfrage.“

Ex-LKA-Chef erhebt schwere Vorwürfe gegen Innenministerium // Swen Ennullat führt brisantes Protokoll ein // Staatsschützer bekräftigen Vorwürfe gegen leitenden Polizeidirektor // Hans-Christoph Glombitza weist Anschuldigen erneut zurück

Die insgesamt sechste Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsaus-schusses im Magdeburger Landtag am 11. Februar 2008 befasst sich erneut ausschließlich mit der so genannten Dessauer Staatsschutzaffäre.

Als erster Zeuge wird der ehemaligen Leiter des Landeskriminalamtes (LKA), Frank Hüttemann, vom Gremium gehört. Der Jurist trat infolge eines Skandals um womöglich geschönte  Statistiken bei der politisch motivierten Kriminalität in Sachsen-Anhalt im November 2007 von seinem Posten zurück.

„Diese erfolgt bundeseinheitlich durch Richtlinien, die das Bundesinnenministerium erstellt.“
Frank Hüttemann

Der Zeuge gibt an, nach seinem Rücktritt nun im Justizministerium beschäftigt zu sein und dort ein Referat zu leiten. Bevor Hüttemann auf konkrete Fragen der Ausschussmitglieder antwortet, macht er im Zusammenhang mit dem Beweisthema umfangreiche Aussagen und beginnt dabei mit einer grundsätzlichen Darstellung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität (PMK). Hüttemann sagt aus, von der veränderten Zählweise in diesem Bereich erst kurz vor der öffentlichen Debatte im November letzten Jahres erfahren zu haben. Außerdem könne er dem Gremium zur Arbeit des LKA`s nur Angaben bis zum 30. November 2007 machen, da er dann ins Justizministerium gewechselt sei. „Diese erfolgt bundeseinheitlich durch Richtlinien, die das Bundesinnenministerium erstellt.“, sagt er zur standardisierten PMK-Zählung. Dabei gebe es einen Definitionskatalog der festlege, welche Straftaten als politisch motiviert einzuordnen wären. Dabei würden u. a. Kriterien wie Tatumstand, der Tatort und die Person des Straftäters berücksichtigt. Ausdrücklich erfasse die PMK-Statistik auch „abstrakte Gefährdungsdelikte“, die die Staatsschutzgesetze berühren würden. Dies wären zum Beispiel so genannte Propagandadelikte nach Paragraph 86a des Strafgesetzbuches (Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen; Anm. d. Red.). Er fügt hinzu: „Auch diese werden als echte Staatsschutzdelikte erfasst – statistisch.“ Die PMK-relevanten Delikte würden dabei von den zuständigen Polizeidienststellen erfasst und nicht etwa durch das LKA. Diese Meldungen würden in einem klar geregelten Verfahren, den Kriminaltaktischen Anfragen (KTA), von den Polizeidirektionen an das Landeskriminalamt in festgelegten Abständen an das LKA weitergeleitet. Das LKA habe dabei die Aufgabe, die eingegangenen Meldungen auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfen und diese dann an das Bundeskriminalamt weiterzureichen. In dieser Plausibilitätsprüfung ginge es vor allem darum zu eruieren, ob die Tatumstände und die Motivlage der Delikte von den bearbeitenden Beamten der Polizeidienststellen richtig erfasst worden seien. Somit habe das LKA im Rahmen der Qualitätssicherung einen mittelbaren Einfluss auf die KTA-Meldungen.

„Die Qualitätsprüfung entsprach nicht immer den Anforderungen, die sie eigentlich erfüllen müsste.“
Frank Hüttemann

Es sei schon vorgekommen, dass „die KTA mangelhaft oder nicht richtig ausgefüllt“ im LKA angekommen seien. Hüttemann räumt auch ein: „Die Qualitätsprüfung entsprach nicht immer den Anforderungen, die sie eigentlich erfüllen müsste.“ Er bestätigt zudem, dass es in diesem Kontext im Jahr 2006 eine Schulung der zuständigen Beamten gegeben habe, um hier Abhilfe zu schaffen und den Polizisten „Auslegungshilfen“ an die Hand zu geben. Diese hätten sich vor allem auf das Erkennen und Einordnen der politischen Motivlage bezogen. Delikte, bei denen sich angesichts Tat oder Täter keine eindeutige Zuordnung erkennen lassen seien als „unklar“ einzustufen, als strafbar würden diese trotzdessen in jedem Fall gelten. „Dies bewegt sich im Rahmen der bundeseinheitlichen Richtlinien.“, so der EX-LKA-Chef dazu und ergänzt ferner: „Es ist kein Delikt unter den sogenannten Teppich gefallen, es ist lediglich eine Bewertungsfrage.“ Eine Auswertung im Zuge der öffentlichen Debatte im Oktober/November letzten Jahres hätte zudem ergeben, dass die Auslegungshilfen nicht in allen Polizeidirektionen im gleichen Maße angewendet worden seien, vielmehr habe es „erhebliche Unterschiede“ gegeben.

„Das ist nicht richtig, dass ist die Unwahrheit.“
Frank Hüttemann

Für das gesamte Jahr 2006 wären in der PMK-Statistik insgesamt 90 bis 120 solche unklaren Delikte registriert worden. Bis September 2007 allerdings, habe man für das vergangene Jahr bereits 244 nicht eindeutig zu zuordnende Straftaten festgestellt. Seit November 2007 gebe es in Sachsen-Anhalt einen Erlass, der regele das alle unklaren Delikte als politisch motiviert zu gelten habe, bis dass Gegenteil bewiesen sei. Hüttemann stellt im Ausschuss nochmals klar, dass die Vorwürfe gegen seine Person, eine Anweisung gegeben zu haben, rechtsextreme Delikte in die unklare Kategorie einzuordnen und damit die Fallzahlen in der ausgewiesenen Statistik des Landes zu senken, falsch seien: „Das ist nicht richtig, dass ist die Unwahrheit.“

„Es gibt da also einen breiten Spielraum.“
Frank Hüttemann

Der Ausschussvorsitzende Jens Kolze (CDU) eröffnet nun die Befragung des Zeugen und möchte wissen, wie verbindlich die Bundesrichtlinien für die PMK-Statistik seien. Hüttemann antwortet, dass diese „im Prinzip für alle Länder und somit auch für Sachsen-Anhalt verbindlich“ seien. Allerdings gebe es bei den Bestimmungen Interpretationsspielräume, „wie der Sacharbeiter vor Ort“ diese auslege. „Es gibt da also einen breiten Spielraum.“, so der Ex-LKA-Chef weiter dazu. Deshalb gebe es letztlich bundesweit eine „nicht ganz einheitliche“ Zählweise. In Sachsen-Anhalt habe erst der Erlass vom 09. November 2007 Klarheit geschaffen. Vorher habe es hier im Land keine Regelung zur ergänzenden Auslegung gegeben. Auf die Frage des CDU-Politikers, wie denn vor dem Novembererlass gezählt worden sei, antwortet der Zeuge: „Es ist nicht feststellbar, wie vorher erfasst wurden ist.“

„Das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen ist per se strafbar.“ / Die Frage der Motivation stellt sich im Gesetzbuch nicht.“
Frank Hüttemann

Gudrun Tiedge (Linke) fragt Hüttemann zunächst, welche Aufgaben ihm als Leiter des LKA bei der Erfassung der Statistik zugekommen seien. Das LKA stelle die Zahlen auf Grundlage der KTA-Meldungen aus den Direktionen zusammen und leite diese u. a. an die „politischen Verantwortungsträger“ weiter. „Einen direkten Einfluss in meiner Funktion als LKA-Leiter habe ich generell nicht gehabt.“, so der Zeuge dazu. Der Jurist gibt außerdem an, dass seit 2002 vom LKA ein monatliches Lagebild zur Kriminalstatistik erstellt worden sei. Nun kommt die Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation (StoepM-Delikte) zur Sprache. Gerade die Bewertung und Zuordnung dieser Delikte war es, die im November letzten Jahres die Debatte um die Zählweise rechtsextremer Straftaten auslöste und letztlich zum Rücktritt Hüttemanns führte. Das Ausschussmitglied interessiert sich besonders für rechtsextreme Propagandadelikte näher: „Das Tragen verfassungsfeindlicher Symbole, ist das mal so und mal so gesehen worden?“ Hüttemann sagt aus, „Das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen ist per se strafbar.“ und würde auch als solches erfasst werden. „Die Frage der Motivation stellt sich im Gesetzbuch nicht.“, erläutert Hüttemann hinsichtlich einer möglichen Einordnung in die StoepM-Kategorie. Hierbei werde nicht so sehr die Strafbarkeit berührt, sondern es gehe um die Tatumstände, die Täter und vor allem die politische Motivation. Dies sei dann für die Polizeistatistik und die PMK-Richtlinien relevant. Hüttemann nennt ein anschauliches Beispiel: So sei die Polizei bei einem Einsatz in Magdeburg von einer Gruppe Punkern aus provokativer Absicht mit „Sieg Heil-Rufen begrüßt worden. In diesem Fall sei nicht davon auszugehen, dass hier eine rechtsextreme Motivlage vorliegen könne. Deshalb sei dieser Vorgang hinsichtlich der Motivation in die StoepM-Kategorie unter „unklar“ abgelegt worden.

„Offensichtlich ist der Auslegungsspielraum unterschiedlich genutzt wurden.“
Frank Hüttemann

„Das kann ich nicht sagen, dass ist bisher nicht hinterfragt wurden.“, sagt Hüttemann zur Frage der Abgeordneten, wie denn in den Jahren 2004 und 2005 mit der Zählweise hinsichtlich der StoepM-Delikte verfahren worden sei. „Das müssen Sie das Innenministerium fragen.“, so Hüttemann zu Tiedges Nachhaken, warum den im November 2007 überhaupt eine Konkretisierung  der Zuordnung von StoepM-Delikten erfolgt sei. Der Zeuge führt aus, dass es im Land Polizeidirektionen gebe, die eine hohe Anzahl von StoepM-Delikten gemeldet hätten. Als Beispiel nennt er die ehemalige Direktion Merseburg, da seien ihm 50 Vorgänge für das letzte Jahr erinnerlich, in Halberstadt dagegen nur 11. Es habe aber auch Dienststellen gegeben, wo dieser Anteil nicht so hoch gewesen sei: „Offensichtlich ist der Auslegungsspielraum unterschiedlich genutzt wurden.“ Aus seiner Sicht wollte das Innenministerium mit dem Novembererlass hier „ein für alle mal“ Klarheit schaffen. Jedenfalls sei im 1. Halbjahr 2007 mit 462 Delikten ein drastischer Rückgang rechtsextremer Straftaten zu verzeichnen gewesen. Dabei sei der StoepM-Anteil mit 135 Fällen relativ hoch gewesen. Gudrun Tiedge möchte wissen, warum es nun bei der Zählung und Bewertung der StoepM-Delikte im letzten Jahr Unsicherheiten gegeben habe und vorher nicht. Dies begründet der Zeuge vor allem mit Qualitätsverbesserungen, die von der „Staatsschutzabteilung in meinem Haus“ umgesetzt worden sei. Dies wäre auch vor dem Hintergrund einer stärkeren Debatte um die Bekämpfung des Rechtsextremismus erfolgt. „Qualitätssicherung ist eigentlich eine Daueraufgabe.“, sagt Hüttemann weiter dazu. Er wolle jedoch nicht ausschließen, dass die Debatte und die öffentliche Wahrnehmung für den Bereich Rechtsextremismus hier eine entscheidende Rolle gespielt haben könnte.

„Man hätte diese Information weitergeben müssen, das ist eine Panne.“
Frank Hüttemann

„Man ist auf das angewiesen, was einem der Apparat mitteilt.“
Frank Hüttemann

„Das ist eine politische Bewertung.“
Frank Hüttemann

So hätten seine Mitarbeiter in diesem Zusammenhang Schulungen für die Staatsschutzbeamten in den Direktionen angeboten, bei denen die Auslegungshilfen für das Ausfüllen der KTA-Meldebögen im Vordergrund gestanden hätten. „Auch das ist vorgekommen“, sagt der Ex-LKA-Chef und meint damit, dass Delikte bei denen die Motivlage laut Richtlinien eigentlich klar gewesen sei, in die StoepM-Kategorie eingeordnet worden seien. „Man hätte diese Information weitergeben müssen, das ist eine Panne.“, so Hüttemann zur nicht erfolgten öffentlichen Transparenz dieser Schulungsmaßnahmen. Er selbst habe dazu zwar keinen „persönlichen Beitrag“ geleistet, aber letztlich die Verantwortung übernommen. Tiedge möchte wissen, warum er dann eigentlich zurückgetreten sei, wenn er sich nichts vorzuwerfen habe. „Das sehe ich heute auch so.“, so der Ex-LKA-Chef. Wenn man bundesweit als „Statistikfälscher“ da stehe, wäre das für das weitere Ausfüllen seines Amtes schwierig. Es sei nicht leicht seinem 6jährigen Sohn zu erklären, warum der Vater plötzlich wie ein „Verbrecher“ behandelt würde. Er habe ein „beschädigtes Vertrauensverhältnis“ gesehen, da das Innenministerium einen „unrichtigen“ Medienbericht in der Süddeutschen Zeitung einfach bestätigt habe. Die Journalistin, so Hüttemann weiter, sei über dies nie im LKA gewesen und habe sich im Detail über die Zählweise informiert. „Ja“, sagt der Zeuge zur Frage der Linken-Abgeordneten, ob das Vertrauen zwischen ihm und Innenminister Holger Hövelmann gestört gewesen sei. „Das ist eine politische Bewertung.“, so Hüttemann zum Einwand Tiedges, ob er angesichts zahlreicher öffentlicher Auftritte Hövelmanns, in denen dieser den erfreulichen Rückgang der rechtsextremen Straftaten angesprochen habe, das Ministerium nicht über den hohen Anstieg der StoepM-Delikte hätte informieren müssen. Zudem gibt er zu Protokoll, dass er selbst den Dienstweg pflichtgemäß eingehalten habe und dem Leiter der Abteilung Polizei im Innenministerium Klaus-Dieter Liebau Bericht erstattet habe. „Man ist auf das angewiesen, was einem der Apparat mitteilt.“, meint der Ex-LKA-Chef bezüglich der Äußerungen Holger Hövelmanns. Hüttemann gibt zudem an, dass es im Dezember 2006 in der Polizeihundeführerschule in Pretzsch eine Schulung aller Leiter der Zentralen Kriminaldienste (ZKD) zu den KTA-Meldungen gegeben habe. Dabei sei den Beamten nahe gelegt worden, das beim Ausfüllen der Bögen „ein hohes Maß an Sorgfalt notwendig“ sei. Dabei wären zudem „objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale“ definiert worden und die entsprechenden Auslegungshilfen zur Sprache gekommen. Seit dem Novembererlass sei klar, dass alle StoepM-Delikte zunächst als rechtsextrem motiviert zu gelten hätten, da es Propagandadelikte nach Paragraph 86a StGB (Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen; Anm. d. Red.) mit einer linken Motivlage nicht gebe.

„Im Jahr 2007 wurde deutlich mehr dazu übergegangen, überhaupt keine politische Motivation festzustellen.“
Guido Kosmehl

„Ich muss von der sorgfältigen Arbeit ausgehen, beziehungsweis das Amt muss davon ausgehen.“
Frank Hüttemann

Guido Kosmehl (FDP) spricht den Zeugen zunächst auf eine Pressemitteilung des Innenministeriums vom Mai 2007 an erwähnt in diesem Kontext nochmals die StoepM-Delikte, die von 131 im gesamten Jahr 2006, auf 161 im ersten Halbjahr 2007 angestiegen wären. Außerdem stellt der FDP-Politiker fest, dass es innerhalb der StoepM-Delikte eine Verschiebung gegeben habe. Gerade im Jahr 2007 wären vielmehr Delikte registriert worden, denen überhaupt keine politische Motivation zugeordnet worden sei. Im Gegensatz dazu hätten die als „unklar“ deklarierten Vorgänge erheblich abgenommen. „Im Jahr 2007 wurde deutlich mehr dazu übergegangen, überhaupt keine politische Motivation festzustellen.“, so Kosmehl. Hüttemann sagt dazu, dass er sich diese Entwicklung nicht erklären könne, da letztlich die Direktionen für die KTA-Meldungen zuständig wären. „Ich muss von der sorgfältigen Arbeit ausgehen, beziehungsweis das Amt muss davon ausgehen.“, so der Zeuge. Dies sei ohne hin nur ein „statistisches Lagebild“. „90 % der Fälle, so wurde mir berichtet, wurden einvernehmlich geklärt“, so der Zeuge zum inhaltlichen Abgleich der Vorgänge zwischen den Staatsschutzabteilungen in den Direktionen und der zuständigen Stelle im LKA. „Dazu ist mir nichts vorgetragen wurden.“, sagt der ehemalige LKA-Chef zur Frage, ob ihm bekannt gewesen sei, dass es zwischen dem LKA und dem Staatschutzkommissariat der PD Dessau oft Falldifferenzen gegeben haben soll. Dass ihm diese Differenzen nicht bekannt seien, heiße aber nicht, dass es sie nicht gegeben haben könne. „Es ist eigentlich üblich.“, kommentiert Hüttemann die Frage, ob im LKA die Staatsschutzdelikte die monatlich zu melden waren, in der Behörde debattiert und bewertet worden seien. Erste Auffälligkeiten im StoepM-Bereich habe es im September 2007 gegeben. Da wäre diese Kategorie plötzlich auf insgesamt 244 Delikte für das Jahr 2007 angestiegen. Daraufhin seien im LKA zu möglichen Zusammenhängen und Gründen dieses Anstieges, auf seine Anweisung hin, Überlegungen angestellt worden, die dann auch in seinem Bericht vom 02. November 2007 an das Innenministerium eingeflossen wären. „Das gehört zur Wahrheitspflicht dazu.“, auch wenn es das eigene Amt betreffe, so Hüttemann zum objektiven Wahrheitsgehalt des Berichtes.

Siegfried Borgwardt (CDU) möchte wissen, ob die Auslegungshilfen des LKA`s für die KTA-Meldungen mündlich erfolgt seinen. Dies bestätigt der Zeuge. Außerdem fragt der Abgeordnete, zu welchen Lasten in der Statistik die nach dem Novembererlass zu zählenden StoepM-Delikte zu zählen seien. Hüttemann betont nochmals, dass es politisch links motivierte Propagandadelikte nach dem Strafgesetzbuch nicht gebe: „Das geht in die rechte Schublade.“ Dem Zeuge wäre nicht bekannt, dass es in anderen Bundesländern einen vergleichbaren Erlass wie in Sachsen-Anhalt gebe.

„Ich hätte auch nicht nachgefragt. Nach den Ereignissen zum Ende letzten Jahres gab es auch eine gewisse Verbitterung.“
Frank Hüttemann

“Kann ich nicht sagen.“, so Hüttemann zu Gudrun Tiedges Frage, ob es nach dem Novembererlass einen Rückgang der StoepM-Delikte gegeben habe. „Ich hätte auch nicht nachgefragt. Nach den Ereignissen zum Ende letzten Jahres gab es auch eine gewisse Verbitterung.“, konkretisiert der Zeuge weiter. Außerdem führt er aus, dass es im Jahr 2005 eine Fachberatung aller Staatsschutzabteilungen der Landeskriminalämter gegeben habe, auf der diskutiert worden sei, die StoepM-Delikte so zu kategorisieren, wie es der Novembererlass (2007) in Sachsen-Anhalt nun regele. Damals hätte es zu dieser Frage in dem Gremium eine Abstimmung gegeben. Die LKA-Vertreter mehrere Bundesländer, darunter die Beamten aus Sachsen-Anhalt, hätten sich jedoch gegen eine solche Regelung ausgesprochen. Dennoch sei es für Sachsen-Anhalt problemlos möglich gewesen, den Novembererlass umzusetzen: „Das ist nicht rechtswidrig.“ Dieses Vorgehen sei über dies von den Ermessensspielräumen der Bundesrichtlinien gedeckt.

„Die Welle kam mit der Veröffentlichung der Süddeutschen Zeitung.“
Frank Hüttemann

“Hat das Ministerium politisch anders entschieden, als die Fachleute?“, hakt hier Holger Stahlknecht (CDU) hinsichtlich des Erlasses nach. „Das Ministerium hat davon nichts gewusst.“, so Hüttemann zum Beschluss der Landeskriminalämter aus dem Jahr 2005. Die neuen Auslegungen, die der Novembererlass regele, habe der Abteilungsleiter Polizei im Innenministerium, Klaus-Dieter Liebau, am 06.12. oder 11. 2007 in einer Besprechung offiziell verkündet. „Einen sehr breiten Raum nahm auch das Thema Thor Steinar (mehr dazu hier…) ein.“, erinnert sich Hüttemann weiter an dieses Treffen. Nochmals spricht er die StoepM-Delikte an. So würden beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern 60% aller Staatsschutzdelikte in diese Kategorie einsortiert. „Kann man so vorher nicht sagen.“, so der Zeuge zu Stahlknechts Frage, ob der Novembererlass dazu führen könne, dass die rechtsextremen Delikte in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu anderen Bundesländern ansteigen würden. Mit 17% am Gesamtaufkommen aller Staatsschutzdelikte, habe Sachsen-Anhalt im Jahr 2006 bei den StoepM-Delikten  im Bundesvergleich „relativ in der Mitte“ gelegen.


Hüttemann gibt an, dass er seinen Vorgesetzten im Innenministerium mehrfach davon abgeraten habe, zur veränderten Regelung im Bereich der StoepM-Delikte eine Pressemitteilung zu fertigen. Diese Änderung, so habe er damals zu bedenken gegeben, eigne sich nicht „für eine breite öffentliche Diskussion“. Schließlich sagt er zu einem Zeitungsartikel (mehr dazu hier…): „Die Welle kam mit der Veröffentlichung der Süddeutschen Zeitung.“  Das wäre dann aus seiner Sicht eine „medienwirksame Eskalation“ gewesen.

„Weil ich ahnte, wenn es falsch verstanden wird, eine Welle lostritt, die man dann nicht mehr einfangen  kann.“
Frank Hüttemann

“Fühlen Sie sich als Bauernopfer?“, fragt Gudrun Tiedge den Zeugen hinsichtlich seines Rücktrittes. „Ja“, so Frank Hüttemann. Er habe nicht nur die Versorgungsansprüche der letzten 5 Jahre verloren, sondern vor allem die Medienveröffentlichungen kämen einem „Rufmord“ gleich. „Weil ich ahnte, wenn es falsch verstanden wird, eine Welle lostritt, die man dann nicht mehr einfangen  kann.“, so der Zeuge zur Pressemitteilung des Innenministeriums. So sei es dann ja schließlich auch gekommen.

„Der Nötigungsparagraph ist nicht erfüllt worden.“
Frank Hüttemann

“Sind Sie zum Rücktritt gezwungen oder genötigt wurden, von der Hausleitung?“, fragt Guido Kosmehl nach. „Der Nötigungsparagraph ist nicht erfüllt worden.“, sagt Frank Hüttemann und sagt zu seinem Rücktritt weiter: „ Ich hatte den Eindruck, dass das erwartet wurde.“

“Ich hatte das Gebäude noch nicht verlassen, da hatte ich schon den ersten Journalisten dran, der mich über meinen Rauswurf informieren wollte.“
Frank Hüttemann

“Ich hatte das Gebäude noch nicht verlassen, da hatte ich schon den ersten Journalisten dran, der mich über meinen Rauswurf informieren wollte.“, so Hüttemann zur Situation kurz nach dem das Innenministerium die Öffentlichkeit informiert habe. „Mir wurde vorgehalten, dass ich widersprochen habe, öffentlich.“, so Hüttemann zum Grund seines Rücktrittes.

„Mir ist ja auch bescheinigt wurden, dass mich persönlich keine Schuld trifft.“
Frank Hüttemann

Der Abgeordnete Borgwardt (CDU) sagt, dass es nach einer solchen „devoten Entscheidung“ normal sei, mit den Verantwortlichen über eine weitere Verwendung zu sprechen. Hüttemann bestätigt, dass es ein solches Gespräch gegeben habe. Innenminister Hövelmann habe ihm angeboten, ein Referat im Justizministerium zu übernehmen. „Mir ist ja auch bescheinigt wurden, dass mich persönlich keine Schuld trifft.“, so Hüttemann. 

Ich darf mich auch bedanken, vielleicht kann es zu meiner Rehabilitierung beitragen.“
Frank Hüttemann

„Ich darf mich auch bedanken, vielleicht kann es zu meiner Rehabilitierung beitragen.“, beendet der ehemalige LKA-Chef seine Aussage vor dem Ausschuss. 

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