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parlamentarischer Untersuchungsausschuss 17.März 2008 / Teil 2

früherer Leiter der Verwaltung wird nochmals befragt

12.30 Uhr betritt der damalige Leiter der Verwaltung der Polizeidirektion Dessau Matthias Hesse den Saal des Landtages. Der seit 23. Juli 2007 beim statistischen Landesamt bedienstete Beamte bittet die Ausschussmitglieder sogleich mit ihren Fragen zu beginnen und verzichtet auf eigenständige Ausführungen.


Frau Dr. Paschke fragt den Zeugen, was dieser zum Hausverbot für Sven Gratzik sagen könne. Laut Hesse sei dieses erfolgt, nachdem Gratzik wiederholt die Mitarbeiterin Frau Weins bedrängt habe ihm mitzuteilen, wie die Stimmung in der Abteilung Staatsschutz wäre nachdem er dort weg sei.


Als Sven Gratzik verlangt habe das Gesprächsprotokoll von Anfang Februar 2007 seiner Personalakte beizufügen, sei Hesse dann damit zur Polizeipräsidentin Scherber-Schmidt gegangen. Dort hätten dann Scherber-Schmidt, Wels und er selbst zusammen gesessen und entschieden das Schreiben der Staatsanwaltschaft zu übergeben, um rechtlich abgesichert zu sein.

„Ich zeige es durch meine Arbeit, dass ich eine Menge von ihm halte.“
Matthias Hesse


Die Pro-Glombitza-Unterschriftensammlung, so der Zeuge, habe er damals nicht unterschrieben. Er führt aus, sich zu dem Zeitpunkt gedacht zu haben: „Ich zeige es durch meine Arbeit, dass ich eine Menge von ihm halte.“


Dass Rainer Nitsche als Außenstehender Personalgespräche führen dürfe, will Gudrun Tiedge erörtern. Da Nitsche vom Innenministerium eingesetzt worden sei, habe Hesse sich gedacht er sei dahingehend belehrt und würde das schon richtig machen.

„Sie war natürlich unglücklich darüber.“
Matthias Hesse


Auf einer Autofahrt, so der Zeuge, sei dem Justiziar Findeisen dessen Versäumnis wohl bewusst geworden, mit dem Gesprächsprotokoll nicht gleich nach Erhalt zur Polizeipräsidentin gegangen zu sein. Infolge dessen hätten Findeisen aber auch Hesse selbst deswegen den Kontakt zu Scherber-Schmidt gesucht. „Sie war natürlich unglücklich darüber.“, so Hesse. Bei solch einem „brisanten Vorgang“, „da will man als Behördenleitung von Anfang an involviert sein.“, gibt er zu Protokoll.


Den Vorhalt Guido Kosmehls, dass der Zeuge Sven Gratziks Bitte nach einem Gesprächstermin mit dem Innenminister mit: ‚Es gibt kein Gespräch.‘, abgeschmettert habe, ist ihm heute nicht mehr geläufig. Nach weniger als 30 Minuten wird der Zeuge vom Ausschuss wieder entlassen.


Justiziar der Polizeidirektion steht dem Gremium Rede und Antwort

„Ich wusste nicht, wie es mit dem Text weitergegangen ist und ich habe Herrn Gratzik auch nicht nochmal danach befragt.“
Georg Findeisen


Als vierter Zeuge des heutigen Tages betritt Georg Findeisen den Saal. Der Polizeioberrat ist heute Leiter des Dezernats Recht in der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost.
Auf Nachfragen Guido Henkes führt der Justiziar aus, dass er im Nachgang des Gesprächs von Glombitza und den drei Staatsschützern engagiert gewesen sei, ein klärendes Gespräch zwischen Gratzik und Glombitza zu arrangieren. Beide seien damals mit ihm als Moderator des Gespräches einverstanden gewesen, stattgefunden habe es dann aber doch nicht, da Sven Gratzik abgesagt hätte. „Ich wusste nicht, wie es mit dem Text weitergegangen ist und ich habe Herrn Gratzik auch nicht nochmal danach befragt.“, gibt Findeisen sein Resümee diesbezüglich zu Protokoll.

„Ich wusste, das Herr Benedix gravierende Bedenken hatte, eine Sicherheitsbescheinigung auszustellen.“
Georg Findeisen

„Die Flucht in die Öffentlichkeit ist allenfalls das letzte Mittel, um Sachen durchzusetzen.“
Georg Findeisen


„Ich wusste, das Herr Benedix gravierende Bedenken hatte, eine Sicherheitsbescheinigung auszustellen.“, so Findeisen zu einem Termin, an dem Swen Ennullat unter dem Vorwand, eine Unterschrift abzuleisten in die Polizeidirektion bestellt und ihm dort dann aber offeriert worden sei, dass seine Sicherheitsbescheinigung nicht wieder ausgefertigt werden würde. Die Bedenken der PD und des Geheimschutzbeauftragten Benedix fußten auf Äußerungen Ennullats in der Presse. Das Auftreten der drei ehemaligen Staatsschützer in der Presse sei ein „ungewöhnlicher Vorgang“, so Findeisen. Eigentlich seien solche Auftritte dem Pressesprecher vorbehalten. Die drei hätten sich damit nicht an die Amtsverschwiegenheit gehalten, wie es im deutschen Beamtenrecht erwartet werde. „Die Flucht in die Öffentlichkeit ist allenfalls das letzte Mittel, um Sachen durchzusetzen.“, ergänzt der heute noch 40-jährige im Zeugenstand. 

„Herr Ennullat machte einen überraschten Eindruck, das heißt nicht, dass er nicht davon wusste.“
Georg Findeisen


Das eine neue Sicherheitsüberprüfung angestanden hätte solle der Geheimschutzbeauftragte Findeisen gegenüber erwähnt haben. „Herr Ennullat machte einen überraschten Eindruck, das heißt nicht, dass er nicht davon wusste.“, so der Zeuge über seine Wahrnehmung während dieses Termins. Er glaube jedoch nicht, dass Ennullat unter einem Vorwand zu dieser Sicherheitsüberprüfung gelockt worden sei. Swen Ennullat hätte informiert werden sollen, wie die Behörde die Situation aktuell einschätze und dass diese „sich nicht in der Lage fühlt, ihm die Bescheinigung auszustellen.“ Findeisens Vermutung sei gewesen, dass er an diesem Gespräch habe teilnehmen sollen, damit diese unter Zeugen stattfinde und nicht später ein Gedächtnisprotokoll auftauchen könne.


„Völlig spekulativ“ hält Findeisen die Vermutung, dass die Entziehung der Sicherheitsbescheinigung Ennullats etwas mit dem Nitsche-Bericht, dem vermuteten Lancieren des Gesprächsprotokolls an die Presse oder dem Agieren der drei Staatsschützer zu tun hätte.

„Es ist wichtig zu wissen, was in der Öffentlichkeit Gegenstand von Erörterungen werden kann.“
Georg Findeisen

Im weiteren Verlauf geht es um den „Vermerk zu einem Gespräch“, indem Aussagen Swen Ennullats von Mitstudenten auf der Polizeischule protokolliert worden seien. Frau Dr. Paschke fragt nach, in welchem Zusammenhang Findeisen die Gesprächsnotiz hätte bewerten sollen. „Ich glaube, wir sollten es als Behörde beurteilen.“, so der Zeuge. Die Notiz hätte die Staatsanwaltschaft womöglich vom Innenministerium bekommen, dass könne er aber nicht genau sagen.  Es sei auch deshalb wichtig gewesen, da das Protokoll im Prozess um den Tod Oury Jallohs (mehr dazu hier...) eingeführt worden sei. „Ich glaube wir waren zu dritt im Raum.“, so der Justiziar zur Frage, wie viele Kollegen der PD zu diesem Zeitpunkt von der Notiz Kenntnis erlangt hätten. Ferner führt er an: „Es ist wichtig zu wissen, was in der Öffentlichkeit Gegenstand von Erörterungen werden kann.“

„Das ist aus meiner Sicht eine dämonisierende Überzeichnung.“ 
Georg Findeisen

„Es kann auch einmal eine Straftat aus Bayern dabei sein, ich zeige solche Sachen auch selbst an.“
Georg Findeisen


Gudrun Tiedge erinnert Findeisen ausdrücklich an seine Zeugenbelehrung und möchte von ihm wissen, wann ihm Gratzik das Gesprächsprotokoll vom Februar 2007 übergeben habe. „Meine Erinnerung, dass es wirklich am späten Nachmittag war.“, so der Befragte.  „Ich bin mir nicht sicher, ob meine Erinnerung mit 16.00 Uhr korrekt ist.“, so Findeisen zum Vorhalt aus Gratziks Aussage, dass er sich zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Weg nach Magdeburg befunden habe. „Meine zeitliche Eingrenzung ist der späte Nachmittag.“, konkretisiert Findeisen nun. Er bestätigt zudem seine in der ersten Aussage geäußerte Vermutung, dass das Protokoll den Gesprächsverlauf verkürzt darstelle: „Das ist aus meiner Sicht eine dämonisierende Überzeichnung.“  Dies sei seine Meinung, auch wenn er bei dem Gespräch nicht dabei gewesen wäre.
„Es kann auch einmal eine Straftat aus Bayern dabei sein, ich zeige solche Sachen auch selbst an.“, sagt der Justiziar zu möglichen rechtsextremen Delikten im Internet. Allerdings dürfe das in der Recherche für eine Dienststelle wie eine PD in Sachsen-Anhalt keine Schwerpunktaufgabe sein. Auf Nachfrage räumt Findeisen ein, dass er vermute, dass das Protokoll „Wertungen einseitig niederlegt“.


Georg Findeisen berichtet dem Ausschuss, dass Sven Gratzik zu Beginn der Hauptverhandlung im Fall Oury Jalloh die Sicherungsmaßnahmen rund um den Prozess habe leiten sollen. Gratzik habe dies nicht gewollt und zu Findeisen gesagt, er würde diese Maßnahme nur übernehmen, wenn Glombitza ihn persönlich darum bitte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wäre für den Zeugen klar gewesen, dass etwas im Verhältnis nicht mehr stimmen würde.

„Zwingend muss eine nichtpolizeiliche Stelle mitwirken.“ 
Georg Findeisen


Die Abgeordnete befragt den Justiziar nun zu den Modalitäten der Geheimschutzüberprüfung. Er sei seit Juli 2002 als Rechtsdezernent in der PD Dessau beschäftigt, habe sich mit dem entsprechenden Gesetz aber erst 2007 beschäftigt, da er selbst „Gegenstand“ einer Überprüfung gewesen sei. Er können sich heute nicht mehr daran erinnern, wann der Kollege Benedix damals wegen seiner Überprüfung auf ihn zugekommen sei.  Zum Verfahrensablauf einer solchen Überüberprüfung sagt er: „Zwingend muss eine nichtpolizeiliche Stelle mitwirken.“  Er habe schließlich nach mehreren Monaten vom Geheimdienstbeauftragten mitgeteilt bekommen, dass seine Überprüfung abgeschlossen sei. „Ich kenne die Überprüfung von Herrn Ennullat nicht.“, so der Zeuge zu einem Vorhalt aus der Ennulatt-Aussage, dass Benedix ihm im Beisein Findeisens in einem Gespräch offeriert habe, dass er nun keinen Zugang mehr zu geschützten Daten habe. Als Begründung, so Ennullat, hätte Benedix angegeben, dass er Personen des öffentlichen Lebens angezeigt habe und damit nicht mehr vertrauenswürdig sei.  Darüber hinaus hätten auch Aussagen Ennullats in der Presse eine Rolle gespielt. Findeisen bestätigt, an diesem Gespräch als Zeuge teilgenommen zu haben. Darum hätten ihn der Beamte Benedix gebeten. Darüber hinaus könne er zu Motivlage Benedix, Ennullat die Zulassung zu entziehen, nichts sagen: „Ich kann nicht in den Kopf von Herrn Benedix schauen.“  Nach seinem Verständnis wäre für die Aufstiegsausbildung Ennullats „eine aktive Bescheinigung unseres Geheimschutzbeauftragten“ notwendig gewesen.

„Wie können Äußerungen in der Presse dazu führen, dass Sicherheitsbedenken in diesen drei Punkten dazu führen, dass dies bei Herrn Ennullat zu treffen könne?“
Guido Kosmehl

„Ich hatte den Eindruck, dass die Zweifel für Herrn Benedix sehr gravierend waren.“
Georg Findeisen


Guido Kosmehl zitiert nun aus dem Bundesgesetz, dass die Sicherheitsüberprüfung von Beamten regelt. Darin ist in drei Punkten u. a. festgehalten, wann und unter welchen Voraussetzungen Polizisten eine solche Zulassung nicht erteilt oder entzogen werden kann. „Wie können Äußerungen in der Presse dazu führen, dass Sicherheitsbedenken in diesen drei Punkten dazu führen, dass dies bei Herrn Ennullat zu treffen könne?“, will der FDP-Politiker wissen. Findeisen gibt an, dass Ennullat die Amtsverschwiegenheit bei Gesprächen mit der Presse „nicht 100%“ umgesetzt habe. „Ich hatte den Eindruck, dass die Zweifel für Herrn Benedix sehr gravierend waren.“, so der Zeuge weiter dazu.  Findeisen wisse heute nicht mehr genau, ob er als Zeuge dieses Gespräches ein Protokoll unterschrieben habe. Darauf hin präsentiert Kosmehl im Ausschuss ein Papier von Benedix, dass 18 Tage nach dem Gespräch datiert sei und aus dem hervorgehe, dass Ennullat die Bescheinigung nur vorläufig nicht erteilt worden sei. In dem Papier stehe zudem nicht, dass Findeisen als Zeuge teilgenommen habe.

„Mir war klar, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen diesen Protokolls kommen wird.“
Georg Findeisen


„Mir war klar, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen diesen Protokolls kommen wird.“, sagt Findeisen hinsichtlich der Gesprächsnotiz über eine private Unterredung Ennulatts in der Polizeiakademie. „Selbstverständlich ist der Inhalt unglaublich schwerwiegend.“ , räumt der Zeuge auf Nachfrage zudem ein.

„Ich bitte das, für das Protokoll festzuhalten. Mal sehen, was Herr Benedix dazu sagt.“
Holger Stahlknecht


Auf Nachfrage Holger Stahlknechts bestätigt der Justiziar, dass er wisse, dass Swen Ennullat sich in sein weiteres Studium an der Führungskräfteakademie eingeklagt habe. Ihm und Benedix wäre bewusst gewesen, dass Ennullat für die Fortführung seines Studiums eine Konferenzbescheinigung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz zwingend benötigt habe. Außerdem habe Benedix seines Wissens nach dem Gespräch mit Ennullat im Innenministerium angerufen und dieses über das Ergebnis informiert. Das würde er gegebenenfalls auch unter Eid aussagen, so Findeisen. „Ich bitte das, für das Protokoll festzuhalten. Mal sehen, was Herr Benedix dazu sagt.“, so Stahlknecht. „Sie würden sagen, Herr Benedix war objektiv?“, will der CDU-Abgeordnete abschließend wissen. Dies bejaht der Zeuge.
Auf Antrag Holger Stahlknechts findet nun ein nichtöffentlicher Teil statt.

„Das andere hier mitwirken war völlig klar.“
Georg Findeisen


Danach hält Bernward Rothe dem Justiziar ein Schreiben Benedix´ an die Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums vor und fragt Findeisen, ob er wissen wie die Sache mit der Konferenzbescheinigung von Ennullat ausgegangen sei. Dies könne er nicht sagen, so der Zeuge. Aber „Das andere hier mitwirken war völlig klar.“, so Findeisen Korrespondenz mit dem Verfassungsschutz.

„Ich hatte Kenntnis darüber, dass die entsprechende Bescheinigung vorläufig nicht ausgestellt wurde.“
Georg Findeisen

„Mir ist nicht bekannt, dass es da eine solche Anweisung gab.“
Georg Findeisen


Kosmehl hält dem Zeugen nun eine E-Mail vom 10. August 2007 vor, aus der hervorgehe, dass Findeisen den Beamten Gutewort schon kurz nach der Ennulatt-Anhörung, 14.49 Uhr informiert habe, dass der ehemalige Staatsschützer die Bescheinigung nicht bekomme. Das Gespräch selbst sei zu 14.00 Uhr terminiert gewesen. Kosmehl fragt Findeisen nun ob er bei seiner Aussage bleibe, dass er nicht wisse, wie die Sache ausgegangen sei. „Eine abschließende Entscheidung des Herrn Benedix ist mir nicht erinnerlich.“, so Findeisen. Wenig später sagt er dazu: „Ich erinner mich jetzt, dass ich Herrn Gutewort nach dem Gespräch gebeten habe, das Ministerium zu informieren.“ Dies habe er vor allem deshalb veranlasst, „weil es sich um einen Fall handelt, der in der Öffentlichkeit kritisch beleuchtet wird“.  Die besagte E-Mail kenne er allerdings nicht. Kosmehl erinnert den Zeugen darauf hin noch einmal nachdrücklich an seine Wahrheitspflicht. „Ich hatte Kenntnis darüber, dass die entsprechende Bescheinigung vorläufig nicht ausgestellt wurde.“, so  Findeisen darauf. „Dann ist die E-Mail von Herrn Gutewort falsch?“, fragt der FDP-Politiker und meint damit, dass aus dieser ja hervorgehe, dass die Bescheinigung nicht erteilt worden sei. „Das ist Ihre Interpretation.“, antwortet Findeisen. Außerdem sei sein Vorgehen, dass Ergebnis der Ennullat-Anhörung dem Referat 27 des Innenministeriums (MI) zu melden, im Rahmen „einer ganz normalen Berichtspflicht“ ein üblicher Vorgang. „Mir ist nicht bekannt, dass es da eine solche Anweisung gab.“, antwortet der Zeuge auf die Frage, ob es aus dem Ministerium  bezüglich der Konferenzbescheinigung Ennullats eine Richtlinie gegeben habe.

„Ganz passiv war ich nicht.“
Georg Findeisen

„Es war wichtig, dass das Ministerium das erfährt.“
Georg Findeisen


„Ganz passiv war ich nicht.“, sagt Findeisen zu seiner Rolle in der Anhörung zur Abgeordneten Tiedge. Die Linke-Politikerin möchte zudem wissen, warum nicht der Beamte Benedix als Geheimschutzbeauftragter das Ministerium über das Ergebnis informiert habe. „Es war wichtig, dass das Ministerium das erfährt.“, so Findeisen dazu. Er könne heute aus der Erinnerung nicht mehr sagen, ob er seine Meldung ans MI mit Gutewort abgestimmt habe. „Herr Ennullat erweckte auf mich den Eindruck, dass er überrascht war.“, sagt der Justiziar zur Reaktion des ehemaligen Staatsschützers.

Außerdem glaubt sich Findeisen daran zu erinnern, dass Benedix Ennullat „verklausuliert“ mitgeteilt habe, dass ihm die Bescheinigung nur vorläufig entzogen worden wäre. Guido Kosmehl zitiert nun aus der Begründung Benedixs aus der hervorgehe, dass die Unterzeichner des Gesprächsprotokolls „womöglich“ das Papier an die Presse lanciert hätten und die „zeitliche Verzögerung“ (Erstellen des Protokolls im Februar bis zum ersten Pressebericht im Mai 2007; Anm. d. Red.) dazu geeignet sei, dieses „anderweitig“ einzusetzen.  

„Ich bin von der Polizeidirektion beauftragt, als Prozessbeobachter an dem Prozess teilzunehmen.“
Georg Findeisen

Dr. Helga Paschke  will von Findeisen wissen, ob ihm Benedix in Vorbereitung der Ennullat-Anhörung mitgeteilt habe, dass er dem ehemaligen Staatsschützer schon im Juli 2007 mitgeteilt haben soll, dass der die Konferenzbescheinigung nicht bekomme. Davon wissen er nichts, gibt der Zeuge zu Protokoll. „Ich bin von der Polizeidirektion beauftragt, als Prozessbeobachter an dem Prozess teilzunehmen.“, sagt der Justiziar auf Nachfrage der Abgeordneten zu seiner Rolle im Verfahren um den Feuertod Oury Jallohs. Er lege dort Augenmerk auf Kenntnis bezüglich disziplinarrechtlicher Ermittlungen, ferner sei er auch der Ausländerbeauftragte innerhalb der Polizeidirektion Sachen-Anhalt Ost. Er räumt zu dem ein, die Aussage Ennullats, der im Jalloh-Prozess gesagt haben soll, das der Untersuchungsausschuss festgestellt habe, dass die drei Staatschützer nicht falsch gemacht hätten, zu kennen. Dies habe er in seiner Funktion als Prozessbeobachter auch dem MI gemeldet.


ehemalige Polizeipräsidentin erneut vor dem Ausschuss


Nun steht die ehemalige Polizeipräsidentin Brigitte Scherber-Schmidt (49) im Zeugenstand. Die jetzige Referatsleiterin im Innenministerium wurde von dem Gremien ebenfalls schon einmal befragt (mehr dazu hier...). Zum Beweisantrag und der Umsetzung der drei Staatsschützer verweist die Beamtin zunächst auf ihren Bericht vom Mai 2007, den sie damals für das Innenministerium erstellt habe. Hinsichtlich des Beamten Ennullats sagt sie zudem, dass es in der Polizeidirektion Dessau üblich gewesen sei, dass Beamte die sich hätten qualifizieren wollen, in vielen Bereichen eingesetzt werden würden. In diesem Zusammenhang sei die Umsetzung Ennullats in das Revierkommissariat Wolfen zu sehen. Der ehemalige Staatsschützer habe das aus ihrer Sicht für nicht gut erachtet. Diese Umsetzung wäre bereits im Februar 2007 besprochen wurden und am 01. April dann erfolgt. Sven Gratzik habe seinen Umsetzungsantrag ebenfalls im April letzten Jahres eingereicht. Sie habe dieses Ansinnen Gratziks „als Frustreaktion“ angesehen, weil er bei einer Beförderungsmaßnahme nicht berücksichtigt worden sei. Christian Kappert habe geäußert, nicht mehr loyal zu neuen Staatsschutzleiter zu stehen. Er habe in der Folge mehrere Dienstposten angeboten bekommen und habe sich schließlich für den Zentralen Einsatzdienst entschieden.  Zur Aufstiegsausbildung Ennullats könne sie keine Angaben machen, da die Verantwortung für diese im MI liege. Außerdem ist sie nicht der Auffassung, dass einer der drei Staatsschutzbeamten ein „regelrechtes Hausverbot“ ausgesprochen bekommen habe. Ihr sei auch nicht bekannt, dass die Herausgabe persönlicher Gegenstände verweigert worden wäre. Außerdem habe sie Gratziks Gesuch, mit dem Innenminister sprechen zu wollen, pflichtgemäß weitergereicht.

„Die Klagerücknahme ist mir über das MI bekannt geworden.“
Brigitte Scherber-Schmidt


„Die Klagerücknahme ist mir über das MI bekannt geworden.“, sagt Scherber-Schmidt zur Frage Kosmehls, ob ihr im Zusammenhang mit einem Dienstposten Kapperts in Wittenberg ein solcher Schritt bekannt sei.

„Den schicken wir nach Wolfen, damit er auf die Fresse fliegt.“ 


Gudrun Tiedge hält der Zeugin einen Vorhalt Ennullats aus dessen Aussage vom 11. Februar 2008 vor. Dort habe der Beamte davon gesprochen, dass Rainer Benedix zu ihm im Kontext seiner Versetzung nach Wolfen gesagt haben soll: „Den schicken wir nach Wolfen, damit er auf die Fresse fliegt.“  Scherber-Schmidt sagt aus, diese Aussage nicht zu kennen. Es wäre bei der Versetzung Ennullats darum gegangen, dass er Führungserfahrung sammle. Anfang August 2007 habe sie der Geheimschutzbeauftragte Benedix davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Sicherheitsüberprüfung anstehe und er wegen möglichen Äußerungen in der Presse Bedenken habe, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. Das Ergebnis der Überprüfung kenne sie jedoch nicht, da sie erst im Urlaub war und später schon im Innenministerium. Brigitte Scherber-Schmidt räumt vor dem Ausschuss ein, Gratzik einbestellt zu haben, um von ihm offiziell zu erfahren, warum er wegen des Gesprächsprotokolls nicht den vorgeschriebenen Remissionsweg eingeschlagen habe. Sie habe auch mit Christian Kappert auf dessen Wusch ein Gespräch geführt. Mit Swen Ennullat habe sie in dieser Sache nie geredet. Sie kenne den Nitsche-Bericht, könne aber keine konkreten Angaben zum eigentlichen Untersuchungsauftrag machen: „Das sich das konkret gegen Personen gerichtet hat, ist mir nicht bekannt.“  

„Ja natürlich, solche Vermerke sind durchaus üblich.“
Brigitte Scherber-Schmidt


Auf Nachfrage Dr. Helga Paschkes bestätigt die  Zeugin, dass ihr vor der Befragung durch Nitsche eröffnet worden sei, dass es sich um Verwaltungsermittlungen handele. „Ja natürlich, solche Vermerke sind durchaus üblich.“, sagt sie zu den handschriftlichen Vermerken des Personaldezernenten Guteworts von Gesprächen mit Gratzik und Kappert.  Die Abgeordnete hält der 49jährigen daraufhin die Aussage Guteworts vor, der von einem „unüblichen Vorgang“ gesprochen habe.


Guido Kosmehl zitiert dann aus dem Schreiben Benedix´, in dem er festgehalten habe, dass die Ablehnung der Konferenzbescheinigung für Ennullat mit Zustimmung „der Behördenleitung“ erfolgt sei. Zunächst sagt die Zeugin erneut, dass sie das Ergebnis der Überprüfung nicht kenne. Später räumt sie ein, dass sie am 28. August 2007 ihren Schreibtisch ausgeräumt habe und es sein könne, dass Benedix ihr das Schreiben in dieser Situation vorgelegt haben könnte.

„Was soll ich darauf antworten? Ich denke ja.“
Brigitte Scherber-Schmidt

„Hat er versucht an der Ausrichtung der Polizeidirektion Dessau zu drehen?“ - “Das ist für mich der allein ausschlaggebende Punkt.“ 
Brigitte Scherber-Schmidt

„Was soll ich darauf antworten? Ich denke ja.“, antwortet die ehemalige Präsidentin auf die Frage Tiedges, ob sie ihrer Fürsorgepflicht gegenüber Glombitza und den drei Staatsschützern gleichermaßen nachgekommen sei.  Die Abgeordnete hakt hier nach und fragt, wie diese Einschätzung damit zusammenpasse, dass sie in einem Schreiben an das Ministerium davon gesprochen habe, dass der Beamte Kappert nicht mehr vertrauenswürdig sei und die Vorwürfe der Staatsschützer „absurd“ seien. „Warum dann diese unterschiedliche Bewertung?“, so Tiedge. Scherber-Schmidt gibt zu Protokoll, dass Hans-Christoph Glombitza aus ihrer Sicht nicht versucht habe, die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu bremsen.: „Hat er versucht an der Ausrichtung der Polizeidirektion Dessau zu drehen?“ - “Das ist für mich der allein ausschlaggebende Punkt.“  „Bei Herrn Kappert liegt die Sache anders.“, so Scherber-Schmidt weiter. Er und die anderen hätten die Pflicht gehabt, mit dem Protokoll den vorgeschriebenen Remissionsweg einzuhalten: „Sie haben es nicht gemacht.“  Stattdessen hätten sie das Papier „auf dem Schleichweg“  in die Personalabteilung lanciert.

„Auf Grund der Art und Weise, wie Herr Nitsche meine Aussagen dokumentiert hat, läuft jetzt eine Strafanzeige gegen mich.“
Brigitte Scherber-Schmidt

„Auf Grund der Art und Weise, wie Herr Nitsche meine Aussagen dokumentiert hat, läuft jetzt eine Strafanzeige gegen mich.“, sagt Scherber-Schmidt zum CDU-Abgeordneten Borgwardt. Sie fühle sich in dem Bericht nicht richtig wiedergegeben. Im Detail möchte sich die Zeugin dazu jedoch nicht vor dem Ausschuss äußern, da sie den Stand der Ermittlungen nicht kenne.

„Ich werde mich hier nicht in Spekulationen ergehen.“
Brigitte Scherber-Schmidt


„Nein das war mir nicht bewusst.“, antworte Scherber-Schmidt auf Kosmehls Frage ob sie gewusst habe, dass es die drei Staatsschützer nach der Erstveröffentlichung im Tagessspiegel (12. Mai 2007; Anm. d. Red.) in der Behörde schwer gehabt hätten. Sie habe nach den Presseveröffentlichungen auch keine Schritte unternommen, um die Beamten aus dem Feuer zu nehmen. Gratzik und Ennullat wären nicht mehr in der Dienststelle gewesen und von Kappert habe sie keine Klagen gehört. Sie habe Gratzik jedoch geraten, keine Interviews zu geben, weil er von ihr keine Genehmigung bekommen würde, sich zu dienstlichen Angelegenheiten zu äußern. Außerdem habe sie entsprechende Anfragen von Medien generell abschlägig beschieden.
„Ich werde mich hier nicht in Spekulationen ergehen.“, antwortet Scherber-Schmidt abschließend auf die Frage des FDP-Abgeordneten Kosmehl, ob sie Hinweise dafür habe, dass die drei Staatsschützer das Protokoll an die Öffentlichkeit lanciert hätten. 

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