"Eine besondere Gefährdung geht dabei nach wie vor vom Rechtsextremismus aus"

rechtsextreme Straftaten leicht zurückgegangen // deutlicher Anstieg von Neonazikonzerten im Land // Minister spricht sich für Fortführung der Bundesprogramme gegen Rechts aus

Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hat jüngst die aktuellen Zahlen für die politisch motivierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt vorgelegt. Demnach sind alle registrierten Delikte leicht um 1,8 % auf insgesamt 2184 zurückgegangen. Mit den von den Polizeibehörden vorläufig gemeldeten 1584 rechtsextrem motivierten Straftaten nimmt das Land im Bundesvergleich - auch wenn die Fallzahlen hier um 10% abgenommen haben - wieder ein Spitzenplatz ein. Hövelmann betont, der polizeilichen Bekämpfung des Rechtsextremismus auch deshalb zukünftig einen hohen Stellenwert einräumen zu wollen. Verschiedene Interpretationen und Statistiken liegen indes im Bereich rechten Gewalttaten auf dem Tisch. Während das Innenministerium einen "signifikanten Rückgang" um 31 % auf 83 Fälle verkündet, melden die Opferberatungsprojekte einen wesentlich geringeren Rückgang (mehr dazu hier...).

In seiner Pressemitteilung lässt Innenminister Holger Hövelmann keine Zweifel an seiner Prioritätensetzung aufkommen: "Eine besondere Gefährdung geht dabei nach wie vor vom Rechtsextremismus aus.", bewertet der SPD-Politiker das Lagebild aus seinem Haus zur politisch motivierten Kriminalität. Für Ausländer, Juden, Behinderte und anders Aussehende würden diese Bedrohungsszenarien viel zu oft zur bitteren Realität werden: "Damit können und dürfen wir uns nicht abfinden."


Innenminister Holger Hövelmann (Foto: gegenPart-Archiv)

Die Statistik weist für das vergangene Jahr insgesamt 1584 rechtsextreme Straftaten und Propagandadelikte aus. Damit ist erstmals seit vier Jahren wieder ein Rückgang (-10,1 %) zu verzeichnen (2008: 1761 gemeldete Fälle). Rechtsextremisten zwischen Annaburg und Zeitz haben also rein statistisch jeden Tag fast fünfmal zugeschlagen, Hakenkreuze geschmiert, Menschen bedroht und Flüchtlinge beleidigt. Am Gesamtaufkommen aller politischen Straftaten macht der Phänomenbereich "rechts" insgesamt 72,5 % aus. Der Anteil der in der Vergangenheit stark umstrittenen STOEPM-Delikte (Staatschutzkriminalität ohne explizit politische Motivation), fiel dagegen mit 3,1 % kaum ins Gewicht. Die Zählung dieser nicht eindeutig zu zuordnenden Fälle sorgte im Jahr 2007 für ein Eklat, in dessen Folge der damalige Leiter des Landeskriminalamtes zurücktrat (mehr dazu hier...).


rechtsextremes Propagandadelikt im Landkreis Wittenberg

Mit 31 Neonazikonzerten und rechten Liederabenden haben die Behörden fast 40% mehr extrem rechte Musikveranstaltung als 2008 (18) im Land festgestellt. Dies ist ein Beleg dafür, wie wichtig solche ereignis- und erlebnisorientierten Höhepunkten für die Binnenidentität der Szene sind. Insgesamt drei dieser Neonazikonzerte wurden von der Polizei aufgelöst. Dabei kam es immer wieder zu Gewalt gegen eingesetzte Beamte (mehr dazu hier...).


Polizeibeamte lösen im Oktober 2009 ein Neonazikonzert in Mehringen (bei Aschersleben) auf

Holger Hövelmann benennt in seiner Bilanzierung einen ganzen Maßnahmekatalog der dazu beigetragen habe, die Sensibilisierung für rechtsextreme Erscheinungsformen in Sachsen-Anhalt voranzubringen. Dazu gehört für ihn die monatliche Kabinettssitzung zum Handlungsfeld ebenso, wie der interministerielle Arbeitskreis zum Thema Rechtsextremismus und die Landeskampagne "Hingucken und Einmischen". Neben der polizeilichen Schwerpunktsetzung komme es aber auch darauf an präventiv am Ball zu bleiben, Zivilcourage einzufordern und bisherige Strukturen zu erhalten. Der Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt positioniert sich wohl auch deshalb in der Debatte um die zukünftige Ausrichtung der Bundesprogramme: "Ich will ausdrücklich unterstreichen, dass ich für die Fortsetzung des Bundesprogramme mit ihrer klaren Zielrichtung gegen Rechtsextremismus eintrete."

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Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt