Sechster Todestag von Oury Jalloh

Initiativen rufen zum Einnerungsakt am Polizeirevier auf / Stadt organisiert Gedenkveranstaltung an der Friedensglocke / Neuer Prozess beginnt am 12. Januar 2011 in Magdeburg / Zunächst 20 Verhandlungstage terminiert

Am 07. Januar 2011 jährt sich der Todestag des Asylbewerbers Oury Jalloh, der qualvoll in einer Gewahrsamszelle des Dessauer Polizeireviers verbrannte, zum sechsten Mal. Das Multikulturelle Zentrum und die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt organisieren daher um 11.00 Uhr einen Erinnerungsakt an der Treppe des Reviers in der Wolfgangstraße und rufen dazu auf, bei Teilnahme Blumen und Kerzen mitzubringen. Die Stadt Dessau-Roßlau organisert ab 09.30 Uhr indes eine Gedenkveranstaltung an der Friedensglocke im Zentrum.


Gedenkveranstaltung am 07. Januar 2010 vor dem Dessauer Polizeirevier

Nur wenige Tage später beginnt indes der neue Prozess im Fall vor dem Landgericht in Magdeburg. Auf die Revison der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger, hatte der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) den Freispruch für den angeklagten Dienstgruppenleiter (mehr dazu hier...) u. a. mit der Begründung aufgehoben, dass die Urteilsbegründung nicht nachvollziehbar nachweise, wie sich der Brand der Matratze entwickelt habe. Insbesondere sei unklar geblieben,wie das Anzünden des Matratzenbezuges ohne Verbrennungen der Hand und entsprechender Schmerzenslaute überhaupt möglich gewesen sein könne. Zudem hat der BGH die Interpretation des Landgerichts Dessau-Roßlau bemängelt, der Hauptangeklagte habe sich trotz des anfänglichen Ignorierens des Brandalarmes in der Zelle, pflichtgemäß verhalten. Die Große Strafkammer in Magdeburg hat zunächst 20 Verhandlungstage bis zum 26. Mai 2011 terminiert (mehr dazu hier...).


Der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh war in den Morgenstunden des 07. Januar 2005 im Dessauer Stadtgebiet von der Polizei aufgegriffen worden, weil er alkoholisiert Frauen belästigt haben soll. Wenige Stunden später verstarb Jalloh an den Folgen eines Hitzeschocks, nachdem in der gefließten Polizeizelle, in der er an Händen und Füßen gefesselt auf einer feuerfesten Matratze lag, ein Feuer ausbrach. Erst im März 2007 begann die Hauptverhandlung gegen zwei Polizeibeamte vor dem Dessau-Roßlauer Landgericht (mehr dazu hier...).


Proteste vor dem Polizeirevier

Begleitet von vielfachem Protest und teils internationaler medialer Resonanz musste das Gericht im Verlauf der insgesamt 59 Verhandlungstage feststellen: „Polizeibeamte, die in einem besonderen Maße dem Rechtsstaat verpflichtet waren, haben eine Aufklärung verunmöglicht.“ „Es ist schon erschreckend, in welchen Maße hier schlicht und ergreifend falsch ausgesagt wurde.“, konstatierte der vorsitzende Richter Manfred Steinhoff in der Urteilsbegründung am 08. Dezember 2008 und stellte klar: „Ein richtiges Verfahren, mit Erkenntnissen und mit einem Urteil war das nicht.“

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage legten nach der Verhandlung Revision gegen das Urteil ein. Am 07. Januar 2010 gab der Bundesgerichtshof in Karlsruhe der Beschwerde statt und verwies das Verfahren an das Landgericht Magdeburg zurück.

Zivilgesellschaftliche Initiative aus Dessau-Roßlau, die Afrikanische Community und die Stadt erinnern alljährlich an die tragischen Geschehnisse im Polizeirevier (mehr dazu hier...).

Infos/Kontakt zum Erinnungsakt:

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt