60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek
Ein Bericht des Alternativen Jugendzentrums Dessau
Am 23. Juli 2004 versammelten sich viele Menschen in der Gedenkstätte Majdanek in Lublin. Ein Teil der anwesenden ehemaligen Häftlinge des Konzentrations- und Vernichtungslagers war an gestreiften Armbinden bzw. Tüchern erkennbar. Man sah ihnen an, dass die Rückkehr an den Ort ihres Leidens nach über sechzig Jahren ein schwerer Gang für sie war. Dennoch versammeln sie sich an diesem heißen Sommertag am "Ehrenmal des Kampfes und Martyriums" in der Gedenkstätte Majdanek, um ihrer ermordeten oder inzwischen verstorbenen Kameradinnen und Kameraden zu gedenken. Fast keiner von ihnen hat sie erlebt, die Befreiung des Lagers durch die Rote Armee am 23. Juli 1944, denn sie waren bereits in andere Konzentrationslager (u.a. Auschwitz, Ravensbrück, Gross-Rosen) verschleppt worden.
Zwischen 1941 und 1944 wurden etwa 300.000 Menschen (über 50 Nationalitäten) in das Lager Majdanek deportiert. Ca. 41% waren Juden, ca. 35% Polen. Majdanek hatte wie Auschwitz den Charakter eines Konzentrations- und Vernichtungslagers. Ein Teil der ankommenden Transporte jüdischer Menschen wurde sofort für die Gaskammern selektiert und ermordet. In der Nacht vom 2. zum 3. November wurden alle jüdischen Häftlinge erschossen (über 18.000). Nun galt der Distrikt Lublin in der Sprache der Nazis als "judenrein". Die Zahl der in Majdanek ermordeten Menschen wird auf 235.000 geschätzt.
Bei der Befreiung befanden sich noch 1.500 Menschen in Majdanek. Fassungslos standen die Befreier vor den gemarterten Überlebenden und den Spuren des Massenmordes. Filmaufnahmen der Roten Armee zeugen davon. Unfassbar war und ist die Dimension des Völkermordes. Bis zum Kriegsende sollten die geöffneten Tore so vieler anderer Konzentrationslager noch unendlich viele Verbrechen offenbaren. Doch zum Zeitpunkt der Befreiung von Majdanek liefen die Vernichtungsanlagen in Auschwitz auf Hochtouren.
Die 45.000 aus Majdanek in andere Lager überstellten Häftlinge litten und starben nach dem 23. Juli 1944 weiterhin. Eine von ihnen ist die Polin Johanna Kozera. Sie wurde von Majdanek nach Ravensbrück gebracht und musste bis zur Befreiung in einem Außenlager von Buchenwald Zwangsarbeit leisten. Für sie ist Majdanek mit dem Verlust vieler Familienangehöriger verbunden. Ihr Vater wurde mit einer Phenolspritze getötet. Der Bruder und die Schwägerin, die kurz vor der Verhaftung erst geheiratet hatten, starben in Majdanek. Johanna Kozera, deren ganze Familie sie zur Gedenkfeier am 23. Juli 2004 begleitete, hielt eine der Gedenkreden. Auch wenn man kein polnisch versteht, spürte man, wie sehr sie sich bemühte, mit kraftvoller Stimme zu erinnern und zu mahnen und niemandem entging, dass sie trotz größter Bemühungen die Tränen nicht ganz unterdrücken konnte.
Unverständlich ist, warum kein Vertreter der deutschen Bundesregierung an der Gedenkveranstaltung teilnahm.
Wir, einige Vertreter des Alternativen Jugendzentrums Dessau, begleiteten Ewa Kozlowska (Überlebende von Majdanek und Ravensbrück) zur Gedenkfeier aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung von Majdanek. Im Frühjahr 2004 hatte das AJZ Dessau eine 90minütige Dokumentation über das Leben von Ewa Kozlowska der Öffentlichkeit präsentiert. Der Film zeigt u.a. Aufnahmen der Gedenkfeier zum 59. Jahrestag der Befreiung von Majdanek und Ausschnitte der Aufnahmen, die die Rote Armee im Juli 1944 in Majdanek drehte.
Der Film "Der Wind von Majdanek hat meine Träume verweht", der von der Landesmedienanstalt Sachsen-Anhalt mit dem Demokratiepreis ausgezeichnet wurde, kann zum Preis von 15 € (ggf. + 3 € Versandkosten) vom AJZ Dessau bezogen werden. Bestellungen bitte per e-mail an: ajz-dessau@web.de Oder Direktkauf im Infoladen des AJZ : Öffnungszeiten von Mo-Fr in der Zeit von 17-19 Uhr
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