„Was habt Ihr gegen uns? – Ausländer in Deutschland“ am 30. April 2004 im Dessauer Schwabehaus
Am 30. April 2004 eröffnete das Projekt gegenPart, die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in Dessau, die Ausstellung „Was habt Ihr gegen uns? –Ausländer in Deutschland“.
Zum Beginn der Eröffnung, bedankte sich der Vertreter des Projektes gegenpart beim Ausstellungsmacher Mihály Moldvay, für sein persönliches Erscheinen und dem Dessauer Schwabehaus e. V. für die Möglichkeit, in einer wirklich exponierten location die Ausstellung in den kommenden drei Wochen zeigen zu können. Nicht zu letzt wurde der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt gedankt, die durch ihre Vermittlung, Unterstützung und Förderung, das Zeigen der Ausstellung in Dessau überhaupt erst ermöglicht hatte. Der gegenpart-Redner fragte in der Eröffnungsrede: „Warum eine solche Ausstellung und warum hier in Dessau und im Jahre 2004?“, um eine mögliche Antwort gleich selber zu liefern. Dessau sei, was fremdenfeindliche, rassistische und neonazistische Tendenzen und Delikte anbelange, keine Insel der Glückseeligen. Auch in dieser Stadt gehöre es leider zum Alltag, das AusländerInnen und MigrantInnen offen oder latent diskriminiert werden. Tätliche Angriffe gäbe es genau so, wie erniedrigende Behandlungen in Behörden, im Einkaufszentrum oder im Sonnenstudio. Erst im Januar und Februar diesen Jahres, wäre die Muldestadt mit einer regelrechten neonazistischen Gewaltwelle überzogen worden. Fast 20 Delikte mit Dutzenden Opfern(MigrantInnen, Obdachlose und vor allem nichtrechte Jugendliche) hätte dies zur Folge gehabt. Plötzlich wäre die regionale Öffentlichkeit sensibilisiert gewesen und die lokalen Medien berichteten. Der gegenPart-Vertreter betonte, dass die Ausstellung einen kleinen Teil dazu beitragen soll, von der ereignisbezogenen Reaktion wegzukommen. Es könne nicht sein, dass erst reagiert würde, wenn das Kind schon in den braunen Brunnen gefallen wäre. Dabei gehe es uns nicht um große Symbolik, sondern um das Setzen von kleinen Zeichen für mehr Toleranz . Die Ausstellung von Mihály Moldvay wurde vom Redner als durchaus ungewöhnlich bezeichnet. Die Präsentationsform sei nicht gerade konventionell. Der gewollte Provokationsgehalt sei Programm. Was sie aber wirklich außergewöhnlich mache, wäre die unverkennbare individuelle Note: Einblicke in das Leben und die Erfahrungswelt eines Menschens, der vor über 30 Jahren in diesen Land kam und viel zu erzählen habe.
Danach ergriff Cornelia Habisch, von der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, das Wort. Sie betonte wie wichtig es sei, mit Ausstellungen und anderen Projekten immer wieder zu versuchen, für Toleranz und gegenseitige Akzeptanz zu werben. Auch in Sachsen-Anhalt gäbe es zum Teil eine irrationaler Überfremdungsangst und das in einem Bundesland, wo es kaum AusländerInnen gäbe. Sie ging auch kurz auf den offensichtlichen Provokationsgehalt der Ausstellung ein und brachte ihren Wunsch zum Ausdruck, dass dadurch Diskussionen zum Thema angeregt werden können.
Zum Abschluss meldete sich der Hauptakteur und Ausstellungsmacher, Mihály Moldvay, zu Wort. Aufgewachsen Das eigentliche Problem sei, so Moldvay, dass man eine solche Ausstellung im Deutschland des Jahres 2004, überhaupt noch zeigen müsse. Er spielte damit auf die über 30jährige Geschichte von Migration in die BRD an. Er habe in seiner beruflichen Laufbahn als Fotoreporter des „Stern“, die Einwanderung von Gastarbeitern begleitet, gesehen wie die 2. und 3. Generation aufgewachsen sei und stellte fest, dass nach so langer Zeit eine wirkliche Integration noch immer nicht gelungen sei. Auch seine ganz persönlichen Erfahrungen als Ausländer in Deutschland, sorgten für Nachdenklichkeit unter den Eröffnungsgästen. Die oftmals diskriminierenden Behandlungen auf der Ausländerbehörde, wenn es darum ging die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, machten auch vor einem Fotoreporter keinen Halt. Nicht ohne Beklemmnis erzählte Moldvay von seinem Türkischen Freund, der die Ausstellung eigentlich musikalisch begleiten wollte, nicht nur in Dessau, aber aus Angst vor Übergriffen einen Rückzieher machte. „Mit Gesetzen kann man das Problem nicht lösen“, umriss der Fotograf zum Abschluss seine ganz eigene Vision und appellierte für ein Verständnis an der Basis. Die vielen politisch korrekten, aber meist nur oberflächlichen, Statements, nützten nicht viel. „Die Deutschen müssen die Ausländer nicht lieb haben und die Ausländer nicht die Deutschen, aber man muss sich akzeptieren“, brachte Mihály Moldvay seinen Ansatz auf den Punkt. Doch wer wirkliche Akzeptanz wolle, müsse erst einmal den Willen mitbringen, einen Ausländer überhaupt erst einmal kennen zu lernen. Ein gesellschaftliches Manko in der bundesrepublikanischen Gegenwart, dass nach über 30 Jahren Migration eigentlich der Vergangenheit angehören müsste.
Die Ausstellung ist bis einschließlich 21. Mai 2004 noch im Dessauer Schwabehaus (Johannisstr. 18) zu sehen.
Öffnungszeiten: Mo., Mi. und Fr. 09.-13.00 Uhr Di. und Do. 15.-18.00 Uhr (für Gruppen und Schulklassen auch nach Absprache)
Infos/Kontakt/Anmeldungen: Projekt gegenPart Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus Dessau Schlachthofstr. 25 06844 Dessau Phone/Fax: 0340/ 26 60 21 3 E-mail: projektgegenpart@gmx.net www.projektgegenpart.org
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