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„Überweisung in den Tod“

Sonderausstellung NS-„Euthanasie“ an Kindern in Thüringen




28.03. – 28.05. 2004
Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg

In der NS-Zeit starben mehr als 200 000 kranke und behinderte Menschen einen gewaltsamen Tod. „Euthanasie“ („guter“ oder „schöner“ Tod) war dabei die Legitimations- und Tarnformel für ein staatlich organisiertes Mordprogramm. Die Menschen erstickten in Gaskammern, wurden durch Überdosierung von Medikamenten, Nahrungsentzug oder Verweigerung ärztlicher Hilfe getötet. Die Täter waren ÄrztInnen, Schwestern und Pfleger.
Zu ihren Opfern gehörten auch etwa 5000 behinderte Kinder und Jugendliche, die an den „Reichsausschuss zur Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden“ gemeldet und in eigens geschaffenen „Kinderfachabteilungen“, die zumeist psychiatrischen Anstalten angegliedert waren, getötet wurden.
Spätestens seit 1941 begannen sich die Thüringer Landesheilanstalten Stadtroda als eines der Zentren für die Tötung behinderter Kinder in Thüringen zu etablieren. Die in NS-Kreisen bekannte positive Haltung des Direktors Dr. Gerhard Kloos zur „Ausmerze lebensunwerten Lebens“ war maßgeblich für den Ende 1942 erfolgten Beschluss, die Thüringer Landesheilanstalten Stadtroda in die staatlich organisierte Ermordung behinderter Kinder einzubinden und eine „Kinderfachabteilung“ einzurichten.
Nach 1945 wurden die verantwortlichen Stadtrodaer ÄrztInnen strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen, obwohl 1946/47 die Kriminalpolizei und 1964/65 das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ermittelten. Die Ermittlungen wurden eingestellt und die Ergebnisse nicht genutzt, weil viele der Mediziner, die in die NS-„Euthanasie“-Verbrechen verwickelt waren, mittlerweile in der DDR ein hohes Ansehen genossen.
Die Opfer der NS-Medizinverbrechen gehörten zu den „vergessenen Opfern“ des Antifaschismus. Die Täter konnten in den meisten Fällen auch in der DDR ihre Medizinerkarriere fortsetzen. Ebenso wenig hatte der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Dr. Gerhard Kloos eine juristische Verfolgung zu befürchten. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen der Jahre 1963/64 wurden mangels Beweisen eingestellt.
Im Jahr 2000 erlebten Thüringen und insbesondere die Stadt Jena eine öffentliche Kontroverse, nach dem die Zusammenarbeit des ehemaligen Direktors der Jenaer Universitätskinderklinik Prof. Dr. Jussuf Ibrahim (1877-1953) mit den Landesheilanstalten Stadtroda bei der Tötung behinderter Kinder nachgewiesen worden war.
Die dokumentierten Einzelschicksale stehen für das Leiden aller in Stadtroda zu Tode gekommenen Kinder und Jugendlichen. Alle verband eine Gemeinsamkeit: Sie wurden von Ärzten als bildungs- und arbeitsunfähig und somit als „lebensunwert“ eingestuft.


Kontakt/Informationen/Anmeldungen:
Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“
C/o Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Bernburg
Olga-Benario-Str. 16/18
06406 Bernburg
Te. / Fax 03471-319816
ute.hoffmann@lvwa.sachsen-anhalt.de

Öffnungszeiten der Gedenkstätte:
Dienstag – Donnerstag     9 – 16 Uhr
Freitag       9 – 12 Uhr
Jeden 1. Sonntag   11 – 16 Uhr

Sonderöffnungszeiten für die Dauer der Ausstellung vom 28. März bis zum 28. Mai 2004:

Sonntag – Freitag  10 – 16 Uhr
Führungen nach Anmeldung

Die Ausstellung wurde erstellt von:

Institut für Geschichte der Medizin (Klinikum) der FSU Jena

Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik der FSU Jena

Historisches Institut der FSU Jena

Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

Landesbeauftragter des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Geschichtswerkstatt Jena e.V.

 

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