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„Für die Antisemiten ist das Judentum wie eine weiße Wand“

Aktionswochen gegen Antisemitismus am 01. November in Dessau eröffnet




Nach 2004 fand sich in Dessau das zweite Mal ein Vorbereitungskreis zusammen, um in der Stadt die Aktionswochen gegen Antisemitismus zu planen und durchzuführen. An den Aktionswochen, die maßgeblich von der Berliner Amadeu Antonio Stiftung initiiert wurden, nahmen in den Neuen Bundesländern weit über 40 Initiativen in mehr als 20 Städten teil.

Marco Steckel, der Leiter der Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten Dessau, moderierte die Eröffnung und begrüßte neben dem Ausländerbeauftragten der Stadt, Andreas Schwierz, den Kulturamtsleiter Gerhard Lambrecht und Michael Kleber (DGB).


Marco Steckel leitet die Beratungstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt

Dem Ehrengast der Veranstaltung, Doris Grozdanovicova, widmete Steckel dabei seine besondere Aufmerksamkeit. Die Holocaustüberlebende überlebte das Ghetto Theresienstadt, ihre Mutter und Großmutter überlebten die Torturen dort nicht. Der Vater und der Bruder wurden nach Auschwitz deportiert. Nur der Bruder überlebte.

Der Ausländerbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt, Achim Bürig, zitierte mit „Man wird doch wohl noch sagen dürfen…?“, das Motto der Aktionswochen und betonte in diesem Zusammenhang, dass man sich solchen Bauchgefühlen nicht hingeben dürfe. Dem Thema Antisemitismus müsse man sich wissenschaftlich nähern, um so Aufklärungsarbeit zu leisten. In seiner Rede erwähnte Achim Bürig den Fall Hohmann und die Debatte, die dieser seinerzeit auslöste. Als aktuelles Beispiel für Antisemitismus sprach Bürig die unsägliche Forderung des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad an. Dieser hat auf einer Konferenz gefordert: „Wie es der Imam (Ayatollah Khomeini) gesagt hat, Israel muss von der Landkarte radiert werden.“.


Sachsen-Anhalts Ausländerbeauftragter Achim Bürig

Der Berliner Politikwissenschaftler Gideon Botsch, gab dann in seinem Vortrag „Antisemitismus und Judenfeindschaft - jüngere Entwicklungen und aktuelle Gefahren“ einen kurzen Abriss über die historischen und aktuellen Erscheinungsformen des Antisemitismus. Dabei vergaß er zu Beginn nicht zu erwähnen, wo er den Vortrag hielt. „Moses Mendelssohn, der wichtigste jüdische Philosoph der Moderne“, so Botsch, komme schließlich aus der Stadt. Der Referent belegte an Beispielen die traurige Aktualität, die dem Kampf gegen Antisemitismus zu kommen müsse. Alleine im Oktober hätte es Dutzende antisemitische Schmierereien in Berlin gegeben. So wurde u. a. ein Mahnmal im Stadtteil Treptow mit Davidsternen besprüht. Für den 09. November 2005 prognostizierte Gideon Botsch weitere antisemitische Straftaten: „Für Berlin halte ich da jede Wette.“.


Berliner Politikwissenschaftler Gideon Botsch

Die christliche Judenfeindlichkeit hätte sich in Pogromen immer in zeitlicher Nähe zu hohen jüdischen Feiertagen entladen. Auch die von NS-Propagandaminister Goebbels angezettelten Kuhdammkrawalle in Berlin, fanden so rund um einen jüdischen Feiertag statt. Aus Botschs Sicht hätten deshalb die Aktionswochen bereits im Oktober stattfinden sollen, weil da immer die meisten antisemitischen Straftaten zu verzeichnen wären. Den nicht zuletzt durch die Äußerungen des iranischen Präsidenten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückten Al-Quds-Tag, bei dem jährlich in Berlin Islamisten demonstrieren und das Existenzrecht Israels leugnen, bezeichnete Botsch als „zweifellos judenfeindlich“.

Mit dem Brechtimperativ: „Mögen andere über ihre Schande sprechen, ich spreche über meine“, verdeutlichte der Politikwissenschaftler sein Anliegen, über den Antisemitismus der Deutschen zu sprechen. Für Botsch sind Antisemitismus und Judenfeindlichkeit durchaus nicht identisch, viel mehr sei der Antisemitismus eine Spielart der Judenfeindlichkeit. Der moderne Antisemitismus richte sich gegen die Juden als Minderheit und hatte im 20. Jahrhundert eine Integrationsfunktion. Die Deutschen haben so den Juden für ihr vermeintliches Elend die Schuld gegeben. Und gemeinsame Feinde können, auch wenn sie nur herbeihalluziniert sind, bekanntlich für Einheit sorgen. Die traditionelle Judenfeindlichkeit sei erst religiös und später sozio-ökonomisch motiviert gewesen. Es ging darum, eine konkurrierende Religion zu eliminieren. Gerade bei der Stabilisierung des Christentums hätte diese Funktion eine große Rolle gespielt. Noch heute sei die Situation in der Bundesrepublik durch eine erschreckende Unwissenheit über die jüdische Kultur geprägt. Das verwundere kaum, denn mit der Vernichtung der europäischen Juden in den deutschen Vernichtungslagern wurden auch die Rabbinerseminare zerschlagen.

Ungefähr 10% der deutschen Bevölkerung haben so heute ein geschlossenen antisemitisches Weltbild und immer hin 30% diffuse antisemitische Ressentiments. Im Ranking der Abneigung liegen in der Bundesrepublik nur noch die Sinti und Roma vor den Juden, gegen die 70% der Deutschen erhebliche Vorurteile hätten. Von den Schmuddelnazis bis zu der sich intellektuell gebenden „Neuen Rechten“, so Botsch weiter, würde der Antisemitismus nach wie vor für die Ideologie der extremen Rechten eine zentrale Rolle spielen. Auch wenn diese Inhalte oft codiert sind, gibt es auch Gewalttaten gegen Juden oder solche Menschen, die dafür gehalten werden und infame Erscheinungen wie Friedhofsschändungen. Jede Woche werden so in Deutschland 3-4 jüdische Grabstätten beschädigt. „Dieser Straßenantisemitismus ist nach wie vor lebendig“, formulierte der Politikwissenschaftler.


das Ensemble Shoshana sorgte für das musikalische Rahmenprogramm

Der so genannte Nahostkonflikt ist für Botsch im Kern ein politischer. Doch gerade die palästinensische Nationalbewegung ist nicht frei von antijüdischen Tendenzen. Für Botsch ist der Antisemitismus die wichtigste Motivation des Dhjihadismus. Die strikte Ablehnung Israels in der bundesrepublikanischen Mehrheitsgesellschaft, würde zudem mit einem Antiamerikanismus einhergehen. Die meisten Anklagen gegen die israelische Gesellschaft würden in Deutschland nicht einer konkreten Politik gelten, sondern dem Staat als solchen.

Für die Antisemiten ist das Judentum wie eine weiße Wand“, sagte der Referent hinsichtlich der Projektionsfunktion des Antisemitismus. So könne jede negative Erscheinung mit den Juden verbunden werden.

verantwortlich für den Artikel:
Steffen Andersch
Projekt gegenPart
Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit
und Antisemitismus Dessau
Schlachthofstr. 25
06844 Dessau
tel./fax: 0340/ 26 60 21 3
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