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Nationalsozialismus und Antisemitismus in Anhalt - Skizzen zu den Jahren 1932 bis 1942

Neues Buch im November 2005 erschienen




Der Kleinstaat Anhalt, bis 1918 ein selbständiges Fürsten- und Herzogtum, war ein für die jüdisch - deutsche Geschichte bemerkenswertes Territorium. Seit dem 17. Jahrhundert ermöglichte tolerante, den politisch - ökonomischen Nutzen über tradierte Vorbehalte stellende Fürstenpolitik einen bedeutenden Aufschwung jüdischen Lebens. Die jüdische Gemeinde von Dessau, der größten Stadt in Anhalt, zählte in der Mitte des 18. Jahrhunderts etwa 1000 Mitglieder; was einem Siebtel der Gesamtbevölkerung entsprach. Große kulturelle Leistungen nahmen in Anhalts jüdischer Kultur ihren Ausgang:
das Aufklärungswerk von Moses Mendelssohn ( 1729-1786 ), die wegbereitende deutsch - jüdische Zeitschrift
Sulamith " ( 1808-1848 ), die Vernunftphilosophie des in Coswig geborenen Hermann Cohen ( 1842-1918 ) u. a. m. In mindestens 24 Städten und Gemeinden der Region gab es jüdisches Leben mit vielfältigen Erfahrungen der Emanzipation und Integration, gab es jüdische Stadtverordnete und Ehrenbürger, jüdische Mäzene in Kunst oder Wissenschaft, jüdische Stiftungen zum Wohle der Mitbürger unabhängig von der Konfession, jüdische Nachbarn, Kollegen, Freunde.

Anhalt war auch ein Zentrum des Nationalsozialismus. Hier gab es schon seit den Landtagswahlen des April 1932, ein Dreivierteljahr vor Adolf Hitlers „ Machtübernahme ", eine von der NSDAP geführte Landesregierung und mit Alfred Freyberg ( 1892-1945 ) den ersten nationalsozialistischen Ministerpräsidenten in einem deutschen Bundesstaat. Anhalts Metropole Dessau war Gauhauptstadt des Gaus Magdeburg-Anhalt und Sitz des Reichsstatthalters in Anhalt und Braunschweig. Hinsichtlich der Zerstörung der jüdischen Kultur und der Entrechtung, Demütigung, Ausplünderung, Vertreibung und Tötung der jüdischen Mitbürger stand Anhalt anderen Regionen nicht nach. Die große Dessauer Synagoge brannte im November 1938 als eine der ersten im Dritten Reich.

Das Buch zeichnet die verheerenden Auswirkungen des Nationalsozialismus auf Anhalts jüdische Einwohner und Anhalts historisch gewachsene deutsch-jüdische Kultur nach. Es setzt damit die in der Monographie
„ Antisemitismus in Dessau " ( Dessau 2004 ) publizierten Forschungsergebnisse fort. Während sich letztgenanntes Buch auf die Ereignisse und Hintergründe in der Gauhauptstadt Dessau konzentriert, führt „ Nationalsozialismus und Antisemitismus in Anhalt " die Entwicklungen in weiteren Orten der Region vor Augen: Bernburg, Köthen, Coswig, Nienburg, Zerbst, Wörlitz, Jeßnitz, Gröbzig, Sandersleben u.a. Es berichtet von den lokalen und regionalen Protagonisten des Antisemitismus, von der geistigen und materiellen Lage der Betroffenen, von Vertreibungen und Emigration, von „ Arisierung " genannten Ausplünderungen und schamlosen Bereicherungen, von „ Stürmer " - Kästen und anderen Instrumentarien der öffentlichen Ausgrenzung und Anprangerung, von vielen zerstörten und wenigen geretteten Synagogen, von Propagandafilmen wie „ Jud Süß " und „ Der ewige Jude ", von jüdischen Opfern der „ Euthanasie " - Programme, von den Deportationen der letzten jüdischen Einwohner 1942, von der Stimmung in der nichtjüdischen Bevölkerung u.a.m.


der Autor Dr. Bernd G. Ulbrich

Am konkreten regionalhistorischen Kontext deutlich gemacht werden Mechanismen, Akteure, Hintergründe und Folgen einer kulturellen Barbarei: Ein Regime negiert den mit der aufgeklärten Moderne erreichten Bewußtseins- und Kulturfortschritt, revoltiert gegen das diesen Prozess prägende Menschenbild des rationalen, verantwortungsbewussten, seine Geschicke selbst in die Hand nehmenden, mehr und mehr global agierenden Individuums, fällt zurück in Mythologien ( Blut, Boden, Rasse u. a. ) und autoritäre hierarchische Strukturen und missbraucht die technischen Errungenschaften des modernen Zeitalters für die massenhafte Vernichtung von Menschen.
Unter den Millionen von Opfern dieses Regimes sind auch die letzten in ihrer alten Heimatregion noch ausharrenden jüdischen Einwohner Anhalts:
Mitbürger und Mitgestalter ihrer Heimatstadt und ihrer Region, oftmals seit vielen Generationen hier ansässig. Die genaue Zahl der Deportierten - wenige Hundert Menschen - kennen wir bis heute nicht. Viele Akten sind vernichtet worden. Mühsam muß die Forschung die einzelnen Schicksale rekonstruieren.

In einem weniger brutalen und direkten Sinne traf jene kulturelle Barbarei aber auch die Region insgesamt: historisch gewachsene Weiterungen der kulturellen Horizonte und wertvolle Emanzipations- und Integrationserfahrungen wurden mit Füßen getreten, die öffentliche Moral wurde vergiftet, mittels staatlicher Institutionen geschürte und verbreitete Ressentiments und Feindbilder pflanzten sich in die Hirne ein, ein grobes, ungeistiges Menschenbild und autoritäre Gepflogenheiten machten sich breit, viele Menschenleben und materielle Kulturzeugnisse wurden zerstört. Mit der Aufarbeitung des kulturellen und geistigen Schadens sind wir heute noch beschäftigt.

Das Buch liefert 25 exemplarische Kapitel zu diesem Thema, populärwissenschaftlich geschrieben, auf umfangreichen Recherchen fußend, einer weiten Leserkreis ansprechend. Regionale Geschichtsforscher und Archive unterstützten den Autor mit ihren Materialien. Aus der Zusammenarbeit mit Schulen, Kulturvereinen, interessierten Bürgern aller Altersgruppen erwuchsen viele Anregungen aus aktueller Sicht. Das Buch will Nachdenken provozieren, mit historischem Faktenwissen gewappnete Öffentlichkeit anregen und nicht zuletzt dazu beitragen, ein deutlich spürbares Desiderat unseres regionalen Geschichtsbildes abzubauen. Zu lange lagen die beiden Themenstränge - die Geschichte der Juden und die Geschichte des Nationalsozialismus - in unserer Region brach, zu lange wurden sie ideologisch überwuchert und verdrängt.

Dessau ( edition RK ) 2005, 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 3-934388-25-6, Ladenpreis 7,80 Euro


Information und Bestellungen:
Dr. Bernd G. Ulbrich
KMG gGmbH
Humperdinckstraße 16, 06844 Dessau Fon 0340/2205990
Fax 0340/2205991
Mail dessau@kmgne.de

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